Samstag, 6. Februar 2010

Schmutzige, schwitzige, liebe Kinderhände



Vergangene Woche habe ich das erste Mal ein Flüchtlingslager besucht, nicht weit außerhalb von Nyala gelegen. Für einen Camp-Kindergarten mit knapp 300 Kindern soll eine neue Partnerorganisation gefunden werden, jetzt, wo humedica das Land verlässt. Zur Vorbereitung auf die Prüfung verschiedener möglicher Partner fahren wir erstmal zum Kindergarten raus. Wir sind zu zweit unterwegs, der für die Bildungsthemen verantwortliche sudanesische Kollege und ich. Er möchte, dass wir mit zwei Fahrzeugen fahren, er in einem, ich in dem anderen. Warum, frage ich. Zwei Fahrzeuge sind ein Konvoi, und das ist sicherer, kommt die Antwort. Okay, dann also zwei Autos, und das inzwischen zur Gewohnheit gewordene Meldung geben per Funk.

Von weitem zeigt mein Fahrer auf ein paar Hütten, ich sehe ein paar Plastikplanen im Wind flattern – aber da er kein Englisch spricht und ich nicht wirklich Arabisch, bin ich mir nicht sicher, ob es das Camp ist. Wir erreichen die Siedlung. Die ersten paar Hütten sind komplett aus hellem Stroh gebaut, einfach Strohbündel aneinander gestellt, darüber Stroh gelegt, das Ganze vielleicht anderthalb Meter hoch. Dann kommen ein paar Lehmhütten mit Strohdach, ein paar feste Häuser, ein paar Strohhütten mit Planen als Dach, und schließlich eine kleine Marktstraße. Die Markthändler sitzen auf dem Boden oder auf niedrigen Hockern, vor sich ihre Ware, hier kleine Tüten mit frisch gerösteten Erdnüssen. Auf einmal biegen wir rechts in ein Tor ein, auf ein umzäuntes Gelände mit mehreren flachen Gebäuden. Das ist der Kindergarten, den wir besuchen wollen! Dann sind wir also tatsächlich schon im Camp – irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt, wenn ich auch nicht wirklich weiß, wie. Wir steigen aus den Fahrzeugen aus, und aus jedem Gebäude hört man laut Kinder singen oder etwas aufsagen. Was heißt Gebäude, es ist ein Stahlrohr- oder Baumstammgerüst, umkleidet mit aus Zuckerrohr geflochtenen Matten und gedeckt mit einer großen blauen Plastikplane.
Wir schauen in jede der Klassen hinein. Drinnen sitzen die Kinder, zum Großteil in abgewetzten braunen Schuluniformen, auf Matten auf dem Steinboden. Oder sie stehen, und gucken mich aus großen Augen an. Die Klasse mit den Kleinsten hat am Morgen ein Bild gemalt. Schüchtern, stolz, mutig, verschämt zeigen sie mir die Bilder. Selten mal ein fröhliches Gesicht. Ich schaue die Bilder in allen Reihen an und will schon wieder rausgehen, da kommt ein kleiner Junge nach vorne gelaufen. Ismed, er möchte so gerne meine Hand halten. Und natürlich am allerliebsten auf ein Foto! Nichts lieber als das, kleiner Junge.



Beim Gang übers Gelände fällt der kleine Spielplatz auf. Absolut unerwartet an diesem Ort: Es gibt eine Seilbahn! Die Kinder kommen angelaufen, wollen mir die Seilbahn in Aktion zeigen. Na, nichts wie los! Jetzt gibt es auf einmal Gelächter, strahlende Augen, fröhliche Gesichter. Natürlich will ich auch einmal fahren – mir macht es Spaß, und die Kinder begeistert es. Ich halte und drücke Dutzende von Kinderhänden. Und hoffentlich bleibt nicht nur mir, sondern auch ihnen ein klein wenig Freude für den Nachhauseweg.



Manicure: Kinderhände fassen
Helmet: Fünf Minuten ausgelassene Fröhlichkeit

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