Donnerstag, 4. Februar 2016

Mein Weihnachtsmärchen

Ich habe mir den wärmsten Winter seit 134 Jahren ausgesucht, um über Weihnachten nach Deutschland zu fliegen. Mit Schnee und weißen Weihnachten war’s also nix. Aber weder das noch sonst irgendwas hätte oder hat mir die große Freude verdorben, zu einer meiner Lieblingsjahreszeiten in der deutschen Heimat zu sein.

Wir hatten fünf herrlich unaufgeregte Wochen. Liam hat sein schwäbisch aufpoliert und jede Woche deutlicher den Ton angegeben, wo es langgeht (zum Beispiel am Tisch vor dem Mittagessen: „Liam, willst du singen oder beten?“ – „Essen!“). Matis hat sich den moppeligsten Winterspeck angefuttert und dieses herrliche zahnlose Babylachen gelernt. Beide hatten viele besondere Stunden mit Oma und Opa, die sich unglaublich viel Zeit (und Geduld und Energie) für die beiden genommen haben – mein wertvollstes Weihnachtsgeschenk. Basteln, vorlesen, hämmern, kicken, getragen werden, singen, und wieder von vorne. Hausgemachte Spätzle, Maultaschen, Braten und ungezählte Brezeln. Viel Zeit mit Freunden und meinen Brüdern und ihren Familien – und viel zu wenig oder gar keine Zeit mit anderen Freunden, die ich gerne noch gesehen hätte. Die Wochen in Deutschland, egal wie viele es sind, sind immer zu kurz und zu schnell vorbei. Mit Kindern, die ihren Mittagschlaf und ruhige Auszeiten brauchen, sowieso.







Den Weihnachtstag selbst haben wir fast wie zu meinen Kindertagen gestaltet. Am Morgen gemeinsam den Baum geschmückt und die Krippe aufgestellt. Nachmittags Kindergottesdienst für Liam, dann zuhause Kerzen am Baum angezündet und ein paar Weihnachtslieder gesungen, bevor die Geschenke ausgepackt wurden. Wobei für Liam der größte Spaß ganz eindeutig noch das Papier aufreißen war (merke für Matis zweite Weihnachten: viele leere Schachteln einpacken! Geschenke sind total überbewertet!). 


Später durfte ich mit den Freundinnen meiner Kinder- und Jugendtage in den 22-Uhr-Gottesdienst gehen. Was mir so richtig das Gefühl gegeben hat, angekommen zu sein. In der wohltuenden Erinnerung an eine glückliche Kindheit und an der Krippe. Der metaphorischen und der echten, die in Ruit seit allen Zeiten die selbe einfache Holzkrippe ist, die bei jedem Krippenspiel die Hauptrolle spielt (auch wenn das inzwischen aus irgendeinem Grund Weihnachtsmusical heißt) und immer, immer vorne im Altarbereich neben dem riesengroßen Christbaum steht, der mit Strohsternen geschmückt ist und bis unter die Kirchendecke reicht. Und, natürlich, das „Oh du fröhliche“ am Gottesdienstende. Enorm, wie die Welt für eine Weile in Ordnung ist, wenn man sich in der Sicherheit der Erinnerung, der Freundschaft und der Gottesnähe einigeln kann. 

Manicure: Oh du fröhliche, oh du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!
Helmet: Den weißen Weihnachts-Traum weiter hegen