Samstag, 28. Januar 2012

Hand-Werker

Handwerk hat goldenen Boden. Sagt man in Deutschland. Für Kenia trifft das nicht zu. Die Handwerker, die ich die letzten Monate rund um unsere Lehmhausbaustelle beobachtet  habe, verdienen sich keine goldene Nase. Höchstens einen krummen Rücken.

Hier ist alles noch Handarbeit. Wahrscheinlich hat einfach noch keiner eine Matschmischmaschine erfunden. Aber auch der Zement, mit dem der Boden und die Wände glattgestrichen werden (für die, die es sich leisten können, wozu wir glücklicherweise gehören; ansonsten bröselt einem nämlich regelmäßig der trockene Lehm von der Wand) wird von Hand in der Schubkarre angemischt. Das Wasser dafür wird notfalls von Hand aus einem Teich angeschleppt, wenn die Wasserwerke das Wasser mal wieder auf Nachts zwischen 2 und 6 Uhr limitiert oder ganz abgestellt haben. Von Hand wird auch das 6,5 Meter tiefe Loch für die Latrine und der 100 Meter lange Graben für die Wasserleitung gegraben. Unter der prallen Sonne Afrikas.

Die finale Lehmschicht wird rangeschmiert.

Das einzige, was die Fundis hier nicht selber machen, ist sich um ihr Mittagessen zu kümmern. Ich konnte es erst gar nicht fassen, dass wir für alle (gerne mal bis zu zehn an einem Tag) ein Essen kochen sollen! Können sich doch was vom Metzger holen, einen Lkw oder was man sonst so an deutschen Handwerkerstullen kennt. Nein, hier wird gekocht. Macht auch Sinn, denn die Burschen laufen von weit her, McDonalds gibt es nicht und bis die wieder zurück wären, wäre auch nichts mehr geschafft. Gut, dass meine Schwägerin nicht weit ist, die haut an solchen Tagen klaglos ihre großen Töpfe aufs Holzfeuer, zerlegt ein paar Hühner und rührt für alle Maismehlpampe an.

Sie sind wirklich sehr fleißig hier, die Handwerker. Manchmal zu arbeitsam – oder einfach nicht in der Lage, mitzudenken. Die Pfosten für meine Wäscheleine wurden so hoch angebracht, dass ich nicht mal mit ausgestrecktem Arm rankam. Also nochmals aus dem Beton reißen, Löcher tiefer graben, Pfosten wieder reinbetonieren. Die Latrinentür wurde in einem Schwung mit sämtlichen anderen Türen weiß gestrichen, obwohl die natur bleiben sollte. Die Löcher im Wellblechdach wurden erst nach dem Streichen gestopft, so dass erstens die Farbe ins Haus runtertropfte (wo natürlich die Möbel vorher nicht weggeräumt wurden) und zweitens das Dach nochmals nachgepinselt werden musste. Die verkleckerte Bettwäsche wird hoffentlich bei der üblichen Wäsche von Hand wieder sauber (was ich eigentlich nicht wirklich glaube). Dass Leitungen für den Strom in die Wand gelegt werden sollten, fiel dem Elektriker erst auf, als diese bereits fein säuberlich verputzt war. Also nochmals aufklopfen, auf der von Hand zusammengezimmerten Leiter nach oben klettern und Strippen ziehen. Und unser Zement-Handwerker fand, dass er in unserer Abwesenheit ja schon mal die Mauer am Tor verputzen könnte. Dabei wollten wir die gemauert lassen – hilft nichts, die Säcke sind schon verbraucht und bezahlt werden wollte er denn auch für sein Handwerk.   
Das Wellblech wird rot, das Hausinnere leider auch.

Aber bald ist es geschafft. Aus unserem Lehmhaus, das in 2-3 Tagen fertig sein sollte, wurde in einem halben Jahr ein schmuckes Landhäuschen. Meine Eltern kommen in drei Wochen zu Besuch, und bis dahin will Joshua unbedingt das eine oder andere noch fertig machen (lassen). Ich bin gespannt, wie ihnen unser Hand-Werk gefällt.

Manicure: Gute Handwerker an der Hand haben
Helmet: Wissen, dass irgendwann mal alles fertig ist


Fast fertig! Unser Hütte ist kaum wiederzuerkennen, siehe Blog im Juli 2011.

Montag, 2. Januar 2012

Waschen, fönen, legen


Da erzählt mir doch neulich meine Schwester in den USA, dass sie einen Beitrag im heute journal gesehen hat, in dem Haartrends der Damen in Nairobi vorgestellt wurden. Das ist ein echt scharfes Thema! Und ein immerwährender Quell der Unterhaltung.

Allein schon die Frage: Ist es eine Perücke oder ist es keine? Sind das ihre Haare oder sind die eingeflochten? Ist die Krause echt oder aufgesetzt? Manchmal ist das so verflixt gut gemacht, dass man es einfach nicht sehen kann. Aber im Zweifelsfall ist es immer nicht echt.

Nicht echt!

Ganz gemein finde ich, wenn die Ladies von heute auf morgen von langer Locke auf kurzen Pagenkopf umsteigen. Das hat die Kollegin einer Partnerorganisation gemacht. Ich habe sie in ihrem eigenen Büro nicht wiedererkannt! Ehrlich nicht! Erst, als sie mich angesprochen hat, wurde mir überrascht (und etwas peinlich) klar, dass sie es ist. Warum tun die das? Es ist doch ohnehin schon schwer genug für mich, die vielen neuen Gesichter zu sortieren und zu merken. Und dann treffen wir eine auf der Straße, die Joshua wiedererkennt, und er sie – und ich kann nur freundlich lächeln und so tun, als ob ich wüsste, mit wem ich es zu tun habe. Und das alles nur, weil SIE zwischenzeitlich beim Frisör war.

Hier wird's gemacht.


Angeblich machen das die meisten Frauen, weil sie westlicher und moderner aussehen wollen. Zu Joshua’s Jugendzeiten haben sie sich deswegen bevorzugt lange glatte Haare aufgesetzt. Und dann ganz wichtig: Wie die vollbusigen Blondinen in den amerikanischen 80er-Jahre-Soaps die Haare häufig mit wildem Kopfschwung nach hinten über die Schulter gefegt. Das ist ja erst der Witz, das geht mit den Naturkrausen nicht. Wenn die Damen wüssten, dass Joshua und die Jungs sie dafür heimlich ausgelacht haben! Und wenn sie erst wüssten, wie zeitweise über mich gespottet wurde, weil ich mit einer einzigen fixen Handbewegung tausend Mal am Tag die Brille über den Nasenbügel hochgeschoben und die Haare aus der Stirn zurückgekämmt habe! Heute muss ich zugeben, dass ich damit bei Robert Lembke nicht mal ein 5-Mark-Stück ins Schweinderl bekommen hätte.

Das wahre Drama der Haarteile und Perücken offenbart sich aber erst, wenn es anfängt zu regnen. Ich vermute, jede Frau in Nairobi (oder sonstwo) hat immer und jederzeit eine Plastiktüte in der Hand- oder Rocktasche. Und die wird dann flugs auf die Perücke gesetzt, über den Kopf gestülpt oder drumrum gewickelt, damit ja bloß nichts feucht wird da oben! Mein Papa hat mir schon als Kind beigebracht, dass wir nicht aus Zucker sind, also brauchen wir uns auch nicht so anstellen, wenn es mal ein wenig regnet. Das hat hier offensichtlich kein Papa seiner Tochter beigebracht. Gut, wenn ich mir vorstelle, wie so ein Happy-plastic-it’s-fantastic-Haarteil auf der Trägerin anfängt zu muffeln, weil der Frisörtermin erst nächste Woche ist, das ist ja auch nicht schön.

Ich habe mich für dieses Jahr entschieden, bei meinen echten Haaren zu bleiben. Glatt, lang, mittelblond, luftzutrocknen, fertig.

Manicure: Ein neuer Helm aufm Kopf
Helmet: Das Geld sparen und zur Maniküre gehen

Auch die Kleinen mögen ihr Haar schon hübsch gemacht!