Montag, 25. November 2013

180 oder so Tage und Nächte

Heute vor einem halben Jahr bin ich Mama geworden. Mama Liam. Diesen Namen trage ich inzwischen richtig gerne. Ich genieße es sehr, Mama zu sein. Mama Liam.

Meine internationalen Freunde, die unseren quietschfidelen und properen Jungen eine Weile nicht gesehen haben, bemerken wie „groß“ Liam geworden ist. Meine Nichte auf dem Dorf rief erstaunt aus: „Du bist inzwischen so fett!“ In einem erschrockenen Moment dachte ich, sie meint mich. Was in ihrer Welt auch ein Kompliment gewesen wäre. Sie war aber nicht von meinen, sondern von Liam’s Speckröllchen begeistert.

etwa Tag 176
Tag 2

 

Und, wie war das erste halbe Jahr? Schön war’s! Und, wie ist es so, ein Baby zu haben? Ehrlich gesagt geht es in den ersten paar Monaten nur um drei Themen: Schlafen, Essen, Wickeln.

Schlafen: Ich hätte nie gedacht, dass man so, so, so müde sein kann. So müde, dass einem jeder Knochen weh tut. So müde, dass man morgens eine Tasse Kaffee braucht, bevor man physisch und intellektuell in der Lage ist, die Kaffeemaschine zu bedienen. So müde, dass man sich nicht entscheiden kann, ob man während dem kurzen Baby-Schläfchen seine schon wieder scharfen Fingernägel abknipst (keiner sagt einem, wie schnell Baby-Fingernägel wachsen! Es ist unglaublich!), kurz was erledigt oder doch lieber selbst ein Nickerchen macht. Letzteres. Von Nachts durchschlafen hält Liam nach wie vor nicht viel. Wir sehen uns so alle zwei Stunden. Dafür renne ich abends nicht mehr alle zehn Minuten an sein Bettchen, nachdem ich ihn hingelegt habe. Nur mal gucken, ob er noch atmet und man weiß ja nie?! Wir sind da inzwischen etwas entspannter (ok – ich, Joshua war’s schon immer).


Essen: Seit ein paar Tagen isst Liam! Jawohl, er isst, er trinkt nicht nur! Bisher zwar nur ein kleines Esslöffelchen Karotte pro Mahlzeit, aber immerhin. Das Gesicht, das er dabei zieht... Da ist alles drin, von Verwunderung über Ekel bis zu Ablehnung. Und wo das bisschen Karottenmus alles landet! Auf dem Boden, dem Hochstuhl, dem Latz, den Fingern, im Gesicht, den Haaren und ein bisschen was auch im Mund. Vielleicht probieren wir es als nächstes mit Papaya. Genauso orange, aber ein wenig süßer.

Möhre??
Och neee!!
   

Fleisch? Jucheee!!

Wickeln: Ja, es ist leider wahr: Man wird sehr vertraut mit den Ausscheidungen des Nachwuchses. Wie riecht’s, wie schaut’s aus, wie viel ist es und wie oft. Vorgestern habe ich bis mittags drei Igitt-Windeln gewechselt. Die erste noch vor dem ersten Kaffee. Puh. Bei Stoffwindeln doppelt unangenehm (ansonsten finde ich Stoffwindeln nach wie vor super). Und gestern ist mir bei dem Versuch, Baby mit voller Windel zu balancieren und gleichzeitig meine Haare zu sichern meine Haarspange in die Toilette gefallen, deren Spülung ich gerade getätigt hatte. Haarspange weg. Warum das alles irgendwie gleichzeitig passiert ist, fragt nur jemand, der kein Baby hat.

...jetzt sitzt das.
Mit einem Monat war da noch gut Luft...
  

Natürlich ist es völliger Quatsch, dass es nur um Schlafen, Essen, Wickeln geht. Es geht um viel mehr. Es geht um diese unbeschreibliche Zuneigung und Liebe. Um den besonderen Moment, wenn die kleinen Ärmchen das erste Mal um den Hals fassen und festhalten (der Zauber dieses Moments ist dann vorbei, wenn die kleinen Händchen gleichzeitig nach den Haaren fassen und ziehen). Die Schönheit und Fröhlichkeit eines Babylächelns. Das ansteckende, tief aus dem Bauch kommende glucksende Babylachen. Die friedliche kleine Welt, wenn man mit Baby kuschelt. Und die glückliche Gewissheit, dass man in der richtigen Familie zuhause ist.

Manicure: Es genießen, Mama Liam zu sein
Helmet: Es ist noch keine Super-Mom vom Himmel gefallen  

Montag, 4. November 2013

Kartoffel, Kürbis und Co


Am Wochenende war amerikanische Halloween in Kenia, organisiert von einem Mexikaner. Das hört sich mindestens multikulti, wenn nicht absurd an. Es hatte von beidem etwas. Und gar nichts von unserem Allerheiligen.

Da es in Kisumu aus verschiedenen Gründen nicht sicher ist, mit einer Horde Kinder zu Fuß durch die Stadt zu laufen, haben wir uns in einer abgesicherten Wohnsiedlung getroffen, wo einige amerikanische Familien wohnen. Und dort war Halloween-Alarm. Jungs in sämtlichen Hollywood-Heldenoutfits: Superman, Iron Man, Spiderman (immerhin auch ein harmloser Thomas the Train) und Mädels in Hollywood-Prinzessinnenoutfits: Tinkerbelle, Cinderella, Prinzessin die Xte. Deko vor den Häusern: Gespenster, Skelette, Grabsteine. Und das wichtigste an Halloween: Jede Menge Süßkram, den die Kinder nach einem schnell dahingeplapperten „trick or treat“ in die Taschen und Körbe laden durften. Zu dumm, dass Liam noch zu klein dafür ist. Der Part hätte mir auch gefallen. Eine deutsche Freundin, die mit ihrem Sohn im Löwenkostüm dabei war, erzählte mir hinterher, sie habe die meisten Süßigkeiten einfach weggeschmissen und den Rest mit ihrem Mann gegessen. Letzteres fand ich einen sehr guten Plan, vor allem, da mein Mann keine Süßigkeiten mag.  

Aaattacke!

Buuuhh!!

Nachdem die Kinder ihren Spaß hatten, ging es für die Erwachsenen weiter mit der Halloween-Party. Besser gesagt: Mit dem mexikanischen „Día de los Muertes“, Tag der Verstorbenen. Wie und was das ist, lässt sich bestimmt googeln. Unser mexikanischer Gastgeber hatte uns jedenfalls eine Aufgabe für das Jeder-bringt-was-mit-Buffet gestellt: Ein Lieblingsessen von einer geliebten verstorbenen Person mitbringen. Ich habe eine Weile gerätselt, was ich da machen könnte, bis mir der Kartoffelsalat von Oma Ruit einfiel. Hervorragend! Den gab’s für alle in Ruit ansässigen Familienmitglieder jeden Sonntag, also wirklich jeden. Wir Kinder haben den nach der Kirche abgeholt, später, als sie nicht mehr selber kochen konnte, samt Oma. Zum Glück ist das Rezept überliefert – also nichts wie ran an die Kartoffeln. Natürlich wurde er nicht so schön wie bei Oma. Irgendwie hat sie es immer geschafft, dass die Kartoffelrädchen wirklich Scheiben waren. Meiner ist ziemlich zerbröselt und zermatscht. Und ganz so schön geschmatzt wie Omas hat er auch nicht. Aber als ich eine deutsche Freundin am Buffet dabei erwischt habe, wie sie sich vom Kartoffelsalat schöpfte und vor sich hin murmelte: „Ist der lecker, da muss ich mir noch ein zweites Mal nehmen“, war ich doch ganz zufrieden.

Liam und ich haben uns übrigens auch verkleidet. Wenn schon, denn schon. Erst dachte ich, ich kleb uns einfach einen Papp-Kürbis ans Tragetuch. Aber dann bin ich im Internet auf dieses Spinnenkostüm für Babys gestoßen. Baby = Spinne, Mama = Spinnennetz. Sehr passend für das Land der kleinen und großen Krabbeltiere. Ich musste allerdings etwas improvisieren, ich hatte nur ein paar Stunden Vorlaufzeit und keine Lust, extra einkaufen zu gehen. Deswegen kam das Kostüm in etwa so nah an das Internetvorbild ran, wie mein Kartoffelsalat an Omas. Joshuas von der Sonne mitgenommenen schwarzen Strümpfe waren sechs der acht Spinnenbeine (die beiden anderen hat Liam selbst gespielt, in meinen schwarzen Socken), mein Paschminaschal der Spinnenkörper. Ein wenig weiße Schnur um einen schwarzen Rock geknotet, zack, ist das Outfit fertig. Nächstes Jahr plane ich etwas früher. Liam wird als Tasse Cappuccino gehen. Super Idee, oder? Kommt von meiner Schwester. Da merkt man eben die langjährige Halloweenerfahrung in dem Land, das Halloween erfunden hat.

Da braucht es schon ein gutes, kreatives Auge, um die Spinnenbeine zählen zu können.

Manicure: Schwäbischer Kartoffelsalat in Kenia
Helmet: Besser ein improvisiertes Kostüm als gar keines. Oder?!