Freitag, 30. Dezember 2011

Weihnachten wie bei Maria


Diese Weihnachten waren irgendwie unweihnachtlich. Erst fand ich das traurig. Bis mir einfiel, dass Maria damals ja auch nicht so schöne Oh-Tannenbaum-Weihnachten hatte.

Meine Weihnachtsgeschichte ging so: Am 22. Dezember sind wir von Nairobi nach Kisumu gefahren. Wir wollten entspannte Weihnachten auf dem Land verbringen, in unserem Lehmhaus. Leider fiel Joshua auf dem Weg ein, dass wir noch vor Weihnachten mit dem deutschen Auto (unser humedica-Dienstwagen) über die Grenze nach Uganda und wieder zurück müssen, um die Verlängerung für die Fahrerlaubnis auf kenianischen Straßen zu bekommen. Genauso bekloppt wie damals, als die Leute los mussten, um sich in ihrer Heimatstadt beim Einwohnermeldeamt registrieren zu lassen.

Theoretisch wollten wir gleich tags drauf früh los. Praktisch hatten wir einen Platten, mussten nach einem Stück Land schauen, sonst was erledigen und mit der Verwandtschaft rumhocken, bis wir viel zu spät los und so um halb drei Nachts in Uganda angekommen sind. Immerhin haben wir nach ein bisschen Suchen ein halbwegs anständiges Zimmer gefunden. Mann, muss das ätzend gewesen sein für Maria! Den Tag vor Weihnachten doof in der Gegend rumgurken! Wenigstens bin ich nicht im neunten Monat schwanger (oder überhaupt, um den neugierigen Leser zu informieren).

Am 24. Dezember war’s nicht viel besser. Ehre-sei-Gott-in-der-Höhe haben wir einen Weihnachtsengel an der Grenze getroffen, der uns fix die neue Genehmigung ausgestellt hat. Aber statt mittags waren wir abends zurück und nichts war vorbereitet. Als es dann auf den letzten Metern auch noch anfing zu schütten und alle unsere Klamotten nass wurden (die Reisetaschen waren nämlich auf der offenen Ladefläche unseres Pick-up verstaut, wir hatten das Auto voll mit Leuten), hat’s mir erstmal gereicht. Der deutsche Weihnachtsabend war ins Wasser gefallen. Ich weiß, ich sollte alles in allem dankbar sein. Maria hatte bestimmt nicht so viele Kleider auf ihrer Reise dabei. Oder überhaupt in ihrem Besitz.

Der eigentliche Feiertag ist hier der 25. Dezember. Der Plan war, morgens in die Kirche zu gehen, und dann gemütlich zu grillen. In die Kirche sind wir eine Stunde zu spät gegangen (und ich Depp stehe rechtzeitig auf). Ganz schlimm für mein deutsches Verständnis. Gar nicht schlimm für hier. Gegen Ende des Gottesdiensts wurde es noch richtig lustig: Die Kirchgänger, die kein Cash haben, bringen als Opfer ein Huhn, eine Tüte Mais, Tomaten, Eier oder sonst was vom Hof mit. Das wird dann alles versteigert und das Geld als Opfergabe verbucht. Prima Sache. Joshua hat zwei Hühner und eine Tüte Zwiebeln ersteigert, und ich ein Schaf. Das Schaf habe ich eigenhändig am Strick nach Hause gezerrt und direkt meiner Schwägerin geschenkt. Wir sind dann zum Mittag erstmal Fisch essen gegangen. Und im Anschluss wieder vier Stunden durch die Gegend gefahren, ein paar Sachen einkaufen und organisieren. Keine Ahnung, warum das immer so lange dauert. In der Zwischenzeit waren beide Hühner geschlachtet und gerupft und bereit für den Grill. Und dann musste ich wieder an Maria denken: Statt in trauter Familienrunde um das Huhn zu sitzen, wurden wir immer mehr. Cousins, Schwägerinnen, Bruder, Neffen. Die arme Maria. Da will sie gemütlich mit ihrem Josef das Neugeborene genießen, kommen einfach von irgendwoher Hirten reingelatscht. Ich kann ihr nur wünschen, dass sie ihnen nicht auch noch was kochen musste.

A propos Josef. Als Joshua und ich im Supermarkt waren, die letzten Einkäufe fürs Grillen machen, fragt er mich, was ich zu Weihnachten möchte. Ich dachte, das sei ein Witz. War aber kein Witz. Er hatte kein Geschenk für mich. Angeblich, weil ich so wählerisch bin (ha! ha ha!) und deswegen am besten selbst aussuche, was ich möchte. Würde mich allerdings sehr wundern, wenn Josef an ein Geschenk für Maria gedacht hätte.

Ob Maria wohl Halme aus der Krippe gezupft und daraus Strohsterne gebastelt hat? Mein Tipp ist: Nein. Wir haben die Weihnachtsdeko auch weggelassen. Und zwar komplett. Ich hatte zwar deutsche Sterne und Figürchen, sogar einen Weihnachtsbaum aus Holz mit elektrischen Kerzen! Bis es soweit war, hatte ich aber einfach keine Lust mehr. Es fühlte sich eben so gar nicht nach Weihnachten an. Und festlich schmücken tut hier sowieso keiner irgendwas. Also habe ich es gelassen. Wie Maria.

Manicure: Die Weihnachtsgeschichte erleben
Helmet: Nächstes Jahr traditionell in Deutschland feiern

Unser Huhn wird versteigert...

...nach Hause geschleppt...

...gerupft...

...gegrillt...

...und gegessen.