Sonntag, 25. März 2012

Der glücklichste Tag meines Lebens

Was schreibt man über den „glücklichsten Tag im Leben“?

Ich war so, so glücklich!

Das Schöne ist, es war wirklich so. Zumindest ab dem offiziellen Startpunkt der Hochzeitsfeier. Davor war ich teils nervös, teils übermüdet, teils gespannt. Und voller Vorfreude! Manche Beobachter behaupten, ich sei dementsprechend nicht zum Altar geschritten, sondern gerannt. Ja klar, ich wollte ja schließlich so schnell wie möglich meinen Joshi heiraten und wir waren schon zehn Minuten zu spät dran!

Meine Laufschuhe

Zehn Minuten ist übrigens nicht viel für kenianische Hochzeiten. Da wartet man gerne mal 1-2 Stunden auf die Braut. Bei uns war sogar schon das Musikteam unserer Gemeinde da. Daran hatte ich kurzzeitig Zweifel, da ein paar Sänger viel zu spät zum vereinbarten Treffpunkt kamen. Ein paar hitzige Telefonate vom Hochzeitsfriseur aus mit dem Fahrer, und schließlich sind wir alle in einem Auto gefahren, zu neunt plus Gitarre. Gut, dass eine Braut das Privileg genießt, alleine vorne zu sitzen. Das hätte meine Frisur ansonsten nicht überlebt. Mein Friseur war nämlich der Meinung, ich sei zum Probestecken gekommen und ganz baff, als ich ihm am Schluss sagte, heute sei der große Tag! Er hat das Kunstwerk dann noch schnell glatt gesprüht, und alles war gut. Einmal mit einem wirklichen Profi gearbeitet!

Leider hatten es bis zu meinem Einrennen nur die deutschen Gäste, unsere internationalen Freunde aus Nairobi und ein kleiner Teil der kenianischen Verwandtschaft in die Kirche geschafft (also in den Teil des Gartens, den wir als Kirche deklariert hatten). Wie meinte unser Pastor so humorvoll zur Begrüßung: „Herzlich Willkommen, liebes Brautpaar. Und wie schön, ich sehe, ein Teil der Gäste ist ja auch schon da!“

„The rest is history“ – der ist Rest Geschichte.

Es war unglaublich schön, Joshua das Ja-Wort zuzusprechen (auch wenn ich fürchterlich enttäuscht war, dass man in der englischen Zeremonie nicht „YESSSS!!!!“ sondern „I will“ sagt). Tief in die Augen schauen, Ring anstecken, endlich weg mit dem Schleier und küssen! Danach durften wir dann auch unsere Stühle zusammen rücken und nebeneinander sitzen. Davor saßen wir traditionsgemäß er neben seinem Best Man (Trauzeuge) und ich neben meiner Maid of Honor (Trauzeugin), mit gebührendem Abstand zwischen den Stühlen.

Ein Windstoß zur rechten Zeit...

Es war unglaublich schön, den Kuchen anzuschneiden. Glücklicherweise war mein Bruder in der Nähe und hat mir zugeflüstert, dass ich meine Hand oben aufm Messer haben muss – das wusste ich gar nicht! Wir hatten uns für eine afrikanische Kuchenszene entschieden: Eine Rundhütte und zwei Kochtöpfe aus Schoko- und Marmorkuchen. Das Hüttendach haben wir mit auf Safari genommen (unsere quasi Mini-Flitterwochen gemeinsam mit einigen deutschen Gästen). Die Hütte an sich steht in unserem Küchenschrank, bis zu unserem ersten Hochzeitstag. Dann werden wir herausfinden, ob sie wirklich so lange hält, wie die Kuchenbäckerin behauptet hat.

Da hat Joshua eindeutig die Oberhand.

Es war unglaublich schön, nach dem Kuchenessen Fotos machen zu gehen. Eine Stunde Zeit nur für uns (na gut, plus Fotograf und Videotyp). Wir hatten unglaublich viel Spaß und haben uns hin und weg geflirtet.

Weg, nur wir zwei...



Es war unglaublich schön, wiederzukommen und eine super Party in vollem Schwung vorzufinden! Schwarz oder weiß, Dorf oder Stadt, alle hatten riesig Spaß, haben sich bunt durcheinander gemischt und in verschiedenen Sprachen oder auch mit Händen und Füßen unterhalten. Sogar der Kellner bedankte sich am nächsten Tag herzlichst und meinte, es sei ja so ein tolles Fest gewesen! War es auch. Mit tollen, wunderbaren Gästen. Josh und ich haben es wahnsinnig genossen.

Es war unglaublich schön, den Hochzeitstanz mit Josh zu tanzen. Vielmehr zu schaukeln und zu drehen, wir können ja beide nicht richtig tanzen. Aber für unser Lieblingslied „Mombasa Moon“ und für unsere Stimmung war das genau das Richtige.

Der Hochzeitstanz - festhalten und improvisieren!

Es war unglaublich schön. Und ich war so glücklich!  

Manicure: Habe ich selber gemacht, für’s Studio war keine Zeit mehr
Helmet: Etwa 80 Zentimeter elfenbeinfarbener Tüllstoff am Hinterkopf angesetzt, plus ein halber Meter für vorne

Montag, 19. März 2012

Mrs. Joshua und ihre fünf Rindviecher

Genau genommen gehören die vier Kühe und der Bulle nicht mir, sondern meinem Vater. Als guter und überraschend traditionsbewusster Luo hat Joshua nämlich darauf bestanden, das Brautgeld für mich zu bezahlen. Ein Brautgeld auf vier Hufen.

Es geht dabei nicht darum, die Frau zu kaufen. Das Luo-Volk vom Viktoriasee ist einfach der Meinung, man/Mann sollte sich bei seinen zukünftigen Schwiegereltern dafür bedanken, dass sie eine mit Liebe wohlerzogene und gebildete Tochter zur Heirat geben. Meine Erziehung und Bildung waren also vier junge, aber gut gewachsene Kühe und einen Bullen wert. Rein rechnerisch-buchhalterisch waren es fünf Kühe. Eines der Biester hat nämlich ein paar Tage vor der Übergabe die Kuhaugen für immer zugemacht, und Joshua musste eine neue kaufen. 

Die Feier anlässlich der Brautgeld-Übergabe nennt sich „nyombo“. Meine Eltern waren mit Verstärkung von zwei Onkels und zwei Tanten aus Deutschland angereist. Der Bruder von Joshua hatte sich bereit erklärt, die nyombo bei ihm vor dem Haus unter der allseits beliebten pinkfarbenen Bougainville zu veranstalten. Also haben wir uns eine Woche vor der kirchlichen Hochzeit in Nairobi Richtung Heimatdorf aufgemacht. Eigentlich hat die nyombo bei den Brauteltern stattzufinden, aber das war ja nun nicht möglich. Weder die Kühe noch die kenianische Sippe hätten wir so einfach auf die Fildern verfrachten können. Und bei uns im frisch fertig gestellten Lehmhaus hätten wir die Gäste auf gar keinen Fall begrüßen dürfen, schließlich waren wir traditionell noch nicht verheiratet, und Ordnung muss sein.

Ganz kenianisch fing unsere nyombo natürlich erst mal rund drei Stunden zu spät an. Eigentlich sollte es um eins, spätestens um zwei Mittagessen geben. Das hatten wir dann so gegen vier. Aber was für ein Festessen! Die alten Holztische haben sich gebogen unter Töpfen und Platten mit Hühnchen, Fisch, Ziege, Kraut, Tomatensalat, Kartoffeln, Reis, Ugali, Sukuma Wiki, Chapati, und ich weiß nicht was noch. Meine Schwägerin und ihre Ladies haben mal wieder aufs Feinste in ihrer Lehmküche aufm Holz- und Kohlenfeuer gezaubert. Und meine Mutter hat noch in Deutschland eine Linzertorte gebacken und die mitgebracht! Weltklasse! Und dazu von Mama und meinen Tanten in Nairobi gebackene Kuchen und Kekse – etwas ganz besonderes für meine Land-Verwandtschaft ohne Backofen.

Und dann kam der große Moment: Joshua’s Fürsprecher Amolo, ein älterer Cousin, hat das Wort erhoben. Der Bräutigam selber hat an diesem Tag nämlich keine Befugnis, etwas zu seinen Gunsten zu sagen. Es war wunderbar, wie Amolo den Wert ihrer Tradition erklärt hat, wie er mich in der Familie willkommen geheißen hat – und wie er schließlich meine Onkel als Vertreter meines Vaters gebeten hat, die Kühe am Haupttor in Empfang zu nehmen und zu meinem Vater zu führen. Wobei, wer da wen am Strick gezogen hat, war nicht so klar zu erkennen!

Schlauerweise hat sich mein Vater entschieden, die Rinder bei meinem Schwager stehen zu lassen. Er erkundigt sich nun bei unseren Telefonaten immer wieder, wie es wohl seiner Herde geht. Wenn meine Eltern das nächste Mal zu Besuch kommen, können sie die Milch von ihren Kühen trinken und womöglich bald schon das erste Kälbchen begrüßen. Und sich vom Wohlergehen ihrer Tochter überzeugen, die nun in Kenia Zuhause ist und dort Mrs. Joshua heißt.

Manicure: Eine kuh-wert-volle Frau sein
Helmet: Auf keinen Fall einen Vergleich mit diesen Kühen anstellen



Die Ziege davor...


... eins der Hühner danach.

Es gab soviel Essen, dass wir Töpfe aus der ganzen verwandten Nachbarschaft zusammensammeln mussten.
Mmmmmmmmhh Mama's Linzertorte!

Joshua schweigt, sein Fürsprecher Amolo spricht.

Da kommen sie, die Kühe mit den Onkeln!
Mein Vater macht sich mit seiner kleinen Herde vertraut. Die Kühe sollen Katja, Bärbel, Maya und Elfi heißen. Für den Bullen brauchen wir noch einen Namen!

Mr & Mrs Joshua Ogola!