Donnerstag, 16. Mai 2013

Das geht nochmal


Ich bin aufgewachsen in einer Familie, die hier und da gerne mal was aufhebt (bei uns wird aufgehoben, nicht aufbewahrt). Schließlich könnte man die einzelne Schraube, das T-Shirt mit nur einem Loch nochmals brauchen. Wenn eben genau so eine Schraube fehlt und man nicht gleich eine ganze Schachtel kaufen will oder Gartenarbeit ansteht, für die die sonstige Garderobe zu schade ist. Erstens sind wir in Schwaben. Und zweitens erklärt sich diese Gewohnheit wahrscheinlich auch damit, dass meine Eltern in den knappen Zeiten nach dem 2. Weltkrieg aufgewachsen sind. Da geht man nicht leichtfertig mit Dingen um, die eigentlich noch gut, wenngleich derzeit nutzlos sind. Es hat uns Kindern ja auch oft geholfen. Was immer wir basteln wollten – ein Blick in den Keller, Problem gelöst. Spätestens bei Opa wurden wir fündig.

In Kenia nimmt das ganz andere Dimensionen an. Auch hier ist sicherlich der dünne Geldbeutel eine Motivation fürs Aufheben oder nochmals für was anderes verwenden. Einfach neu kaufen geht oft nicht. Und so werden Plastikschlappen, die neu weniger als 1 Euro kosten, für 10 Cent repariert. Überhaupt kann so ziemlich jeder Schuh repariert werden, entweder mit Nadel und Faden oder mit „Superglue“ (krasse Variante von Sekundenkleber). Große und kleine Wasserflaschen oder Kanister aus Plastik werden gesammelt und aufgehoben oder weiterverkauft. Aus Dosen entstehen Kerosinlampen. Risse in Plastikschüsseln werden mit dünnen Plastikstreifen geflickt. Gebrochene Plastikstühle (gehen vorzugsweise in der Rückenlehne kaputt) werden mit einem Stück Metall geheftet – oder man stapelt einfach zwei übereinander, die an verschiedenen Stellen gebrochen sind, dann kann man da auch wieder sicher genug drauf sitzen. Klamotten (gekauft auf dem Second-Hand-Markt mit Lieferungen aus Europa und USA) werden zigmal weitervererbt. Der Markt für gebrauchte Autoteile ist gigantisch. Überhaupt kann man wohl so ziemlich alles gebraucht kaufen: Pfannen, Spielzeug, Bettwäsche. Und. So. Weiter.

Ein paar Cent investiert, und die Schlappen sind wieder wie neu!
(Nein, das sind nicht meine Schuhe. So wild schlägt mein Schwabenherz dann doch nicht.)

Praktischerweise gibt es in unserer Familie fast nur Jungs, da kann man alles weitervererben. 

Der Schüsselflicker (danke fürs Foto, Elfi!)


Wirklich toll und kreativ ist, wie Kinder aus Resten, Abfall und Fetzen etwas schaffen. Fahrzeuge und Bälle in den schönsten Variationen. Da wird mit dem gearbeitet, was man eben so findet. Das macht einmal Spaß beim Bauen, und dann nochmals beim Spielen.

 


Zumindest stellt sich in Kenia nicht die Frage, wie man dutzende von Müllverbrennungsanlagen füllt, wenn nach den gelben, blauen, braunen und grünen Tonnen kein Restmüll mehr bleibt. Andererseits liegt leider auch immer wieder Müll rum. Und zwar von der hässlichen Sorte, mit der dann wirklich gar nichts mehr anzufangen ist. Für unseren privaten Müll haben wir ein Mini-Unternehmen beauftragt. Für eine monatliche Gebühr von 200 Schilling (keine 2 Euro) wird einmal die Woche ein großer Sack abgeholt. Wenn wir unseren Müll rausstellen, kommt mit großer Zuverlässigkeit ein Straßenjunge vorbei, der darin nach Brauchbarem schaut. Alles andere wird von den Jungs auf dem Müll-Pick-Up aussortiert. Vielleicht findet sich ja was, was man aufheben kann.


Manicure: Keinen Schuh mehr wegschmeißen müssen
Helmet: Möglichst viel aufheben für schlechte Zeiten