Sonntag, 1. August 2010

Flip-Flop und Bauarbeiterhelm

Kurzgeschichten aus Kenia, Teil 4

Ähnlich wie in Darfur darf ich mich auch hier mal wieder in Schale schmeißen. Dieses Mal ist es aber nicht die traditionelle Gewandung der Frauen, sondern der Dresscode der hiesigen Bauarbeiter. Wir besuchen einen Bekannten, einen Ingenieur, der auf der Baustelle des neuen und dann auch internationalen Flughafen Kisumus arbeitet. Da weder mein Luo (die Sprache, die von dem hier ansässigen Stamm gesprochen wird) noch mein Kisuhaeli fließend sind (oder auch nur annähernd bruchstückhaft), kriege ich nur mit, dass es um irgendwelches Business geht. Sie lieben es, die Kenianer: Geschäfte anbahnen, einschlagen, machen, für andere einfädeln, und was man sonst so mit Geschäften anstellen kann. Außer gähnender Langeweile sprang für mich im Anschluss immerhin die Rohbau-Besichtigung des zukünftigen Flughafen-Terminals raus. Dafür flott in die Bauarbeiterkluft geschlüpft, denn das ist Pflicht: Warnweste, und ganz wichtig: Der Helm! Ohne den darf man auf keinen Fall die Baustelle betreten! Es könnten ja Steine runterfallen! Dass ich an den Füßen Flip-Flops hatte, hat den verantwortlichen Ingenieur nicht weiter gestört. Dabei hatte ich mir gerade bei der Pediküre die Füße glätten und die Nägel lacken lassen. Das wäre nun wirklich schade gewesen, wenn mir ein Steinchen das glänzende Werk zerstört hätte. Eine Maniküre habe ich mir bei der Gelegenheit in Sarah`s Salon übrigens auch machen lassen. Und damit das erste Mal an ein und demselben Tag vollbracht, was der Titel meines Blogs empfiehlt: A manicure and a helmet!



Manicure: Maniküre
Helmet: Helm

Popkorn kann ja jeder...

Kurzgeschichten aus Kenia, Teil 3

...Zuckerwatte aber nicht! Hat mein kenianischer Freund und Ex-Kollege aus dem Sudan bei einer gründlichen Vorortrecherche in seiner Heimatstadt Kisumu (Westkenia, am Lake Victoria) festgestellt. Es steht an jeder Ecke ne Popkorn-Maschine, so eine wie die, die man aus dem Kino kennt. Aber es gibt doch tatsächlich in der ganzen Stadt, immerhin die drittgrößte Kenias mit 800.000 Einwohnern, keine einzige Zuckerwattemaschine. Dabei liiiiiiiieeeeben die Kenianer Zucker! Sie produzieren ihn schließlich auch selbst, hier in der Gegend, aus Zuckerrohr.
Flugs ein Geschäftsmodell entwickelt, das im ersten (und meiner Ansicht nach bisher einzigen durchdachten) Schritt daraus bestand, dass ich die Maschine aus Deutschland mitbringen sollte. Super Idee. Es sollte nämlich keine kleine Tchibo-Haushalts-Möchtegern-Zuckerwattemaschine sein. Sondern eine richtige große, für den gewerblichen Bedarf, man kennt sie vom Jahrmarkt und von der Kirmes... Aber irgendwie fand ich es auch lustig, also habe ich mich ein wenig mit diesen Maschinen und der Herstellung von Zuckerwatte beschäftigt. Alles ganz einfach und unkompliziert! Ich erstand alles Notwendige auf ebay (wo sonst?), also die Maschine, die Holzstäbe und leckere Farben bzw. Aromen wie Himbeere, Heidelbeere, Orange und Traube. Nach dem ersten Schreck ob des waschmaschinengroßen Kartons, den der Postbote die Treppe zu meiner Berliner Wohnung hochwuchtete, kam die nächste bange Frage nach dem Zoll auf. Ich hatte etwas Sorge, ob ich das Teil einfach so nach Kenia einführen darf, aber Afrika wäre nicht Afrika, wenn man nicht einen Bruder hätte, der einen Freund hat, der früher beim Zoll gearbeitet hat und der den Besucher samt Gerät auf dem schnellen Weg persönlich aus dem Flughafen holt.
Jetzt ist das gute Stück also hier, wird an das Klima gewöhnt und dann in den Händen der Frau des Neffen des Zuckerwatte-Pioniers in Kisumu zu einer Goldgrube werden.

Ich muss aber zugeben, dass es wahrhaft kindliche Freude bereitet, wenn die Zuckerwatte aus den Düsen der Maschine stäubt, man die Fäden mit dem Holzstab auffängt und wie früher – das war ein seltenes Vergnügen – das Gesicht in die süße Masse versenkt. Und für alle Eltern: Zuckerwatte ist gar nicht sooo böse. Pro Bausch braucht es gerade mal ein Teelöffelchen Zucker.



Manicure: Zuckerwatte
Helmet: Popkorn

Obamania

Kurzgeschichten aus Kenia, Teil 2

Kenia liebt Barack Obama! Vor allem die Menschen in Western Kenya, und vor allem die Luos, aus deren Stamm der Vater Obamas stammt. Die Liebe zum Präsidenten der USA zeigt sich in den Tageszeitungen, im Straßenbild, in Gesprächen und in Liedern. Fast jeden Tag und in fast jeder Zeitung gibt es einen Bericht über ihn oder die First Lady. Gerne verbunden mit dem Hinweis, dass es ja der Besuch in Kenia 2006 war, der Barack Obama, damals noch als Senator von Illinois unterwegs, bewegt und ermutigt hat, als Präsident zu kandidieren. Die begeisterten Kenianer haben ihren verlorenen Sohn auf einer Welle der Begeisterung quasi direkt zur Präsidentschaft getragen. Als er gewonnen hat, gab es prompt zwei staatliche Feiertage! Das zweite wichtige Datum ist die von der westlichen Öffentlichkeit noch komplett unbeachtete Heimatreise im Jahr 1992, während der Barack seine zukünftige Frau Michelle der Großmutter väterlicherseits vorgestellt hat.

Im Straßenbild findet sich Obama als Pate für Hotels, Restaurants, Läden, Werkstätten oder womit auch immer sonst ein Geschäft zu machen ist: Die Marke Obama zieht!



Und wer gedruckt so omnipräsent ist, ist es zwangsläufig auch in den Unterhaltungen. Jeder weiß, wo Obamas Oma wohnt (und wahrscheinlich auch, wie es ihr gesundheitlich geht). Man ist sich einig, dass er der mächtigste Mann der Welt ist und ein großartiger Sohn beziehungsweise Enkel (der der Oma ein neues Einkommen verschafft hat: Sie lässt gegen Eintritt Gäste in ihren Compound und je nach dem darf es dann auch ein Foto mit ihr sein. Also praktisch mit der mächtigsten Großmutter der Welt.). In populären Liedern werden er und seine Frau gepriesen, und Schnipsel seiner 2006er-Rede wiederholt. Und der erstgeborene Sohn unseres Nachbarn heißt – na, wie wohl? – Barack!

Manicure: Marketing kann so einfach sein!
Helmet: Auf jeden Fall in die Begeisterung einstimmen.

Kurzgeschichten aus Kenia

Die Idee von Bloggen ist ja eigentlich, aktuelle Geschichten aktuell zu berichten. Da ich in meinem Urlaub in Kenia aber seltener ins Internet komme als erwartet (so viel zu sehen, so viel zu erleben!), veröffentliche ich jetzt einfach eine Reihe von kurzen Geschichten auf einmal. Man muss die ja nicht alle oder nicht alle auf einmal lesen. Man kann auch einfach keine lesen.

Teil 1
Ankunft in Nairobi. Linksverkehr, da muss ich mich erstmal dran gewöhnen. Statt „erst links, dann rechts, dann wieder links“ eben umgekehrt. Glücklicherweise muss ich ja nicht fahren. Wobei, so wie die anderen würde ich das wohl auch noch hinkriegen. Die wenigen Ampeln, die es gibt, dienen offensichtlich nur zur Beleuchtung oder zur Dekoration der Straße. Es schert sich kein Mensch drum, welche Farbe die gerade anzeigen. Immer munter gehupt und durchgequetscht! Dabei tauchen aus dem Nichts auch noch hilfreiche Geister auf: Beim Ein- oder Ausparken steht geschwind eine halbwegs zerlumpte Gestalt am Straßenrand, die zwar fleißig aber völlig unbrauchbar einweist, und dann die Hand zum Fenster reinstreckt, um den verdienten Lohn für die ungefragte Dienstleistung zu kassieren. Welcome to Africa!

Da in diesem Chaos die Fahrzeuge zwangsweise eher früher als später in die Werkstatt müssen, haben sich die Jua Kali (Hot Sun / Heiße Sonne) Garages bestens etabliert. Auf irgendwelchen Plätzen werden unter freiem Himmel (also in der prallen Sonne) Autos auf Steinbrocken aufgebockt, komplett zerlegt und wieder zusammengetüftelt. Man wird spontan bedient, bis nach dem Lunch ist das Fahrzeug fertig, günstig isses auch. Da fragt man sich doch, was die bei uns in Deutschland immer für ein Getue mit den Vertragswerkstätten haben!



Manicure: Ampeln einfach mal als Deko nehmen
Helmet: möglichst viel Blech um sich haben