Montag, 20. Februar 2017

Zweimal Deutschland und zurück


Heute wird’s (noch) ein bisschen persönlicher. Und emotionaler. Ich will versuchen zu beschreiben wie das ist, sich zwischen Deutschland und Kenia zu bewegen, wie ich mit den Unterschieden klarkomme. Oder auch nicht. Das beschäftigt mich gerade sehr, weil ich im Januar zehn Tage für die GIZ (mein wichtigster Auftraggeber in Kisumu) in Deutschland war. Sieben kenianische Bäuerinnen waren zur Grünen Woche nach Berlin eingeladen und zum Besuch einiger Bauernhöfe und Unternehmen nach Bayern, und ich habe sie begleitet (super Job). Meine erste längere Reise ohne Kinder, und schon allein deswegen besonders. Ende Februar fliegen wir dann mit der ganzen Familie in die Heimat. Zweimal Deutschland in kürzester Zeit.

In Deutschland zu sein, ist für mich so ein bisschen wie ein Aufenthalt im Fünf-Sterne-Hotel. Alles ist sauber, aus der Leitung kommt Trinkwasser, der Verkehr folgt bestimmten Regeln, die Häuser sind stabil und mit Wasserwaage gebaut, es gibt immer alles im Supermarkt oder online. Bei Dunkelheit draußen unterwegs zu sein ist kein Problem. Ich genieße das alles total. Und freue mich gleichzeitig immer wieder sehr darauf, zurück in meine Wahlheimat Kenia zu kommen, heim nach Kisumu und in mein Leben hier. Aber es fällt mir auch von Jahr zu Jahr schwerer. Die ersten Tage sind (und waren Ende Januar) einfach schrecklich. Ich ärgere mich fürchterlich über die rücksichtlosen Autofahrer. Ich bin genervt vom dreckigen Wasser, in dem ich manchmal nicht mal meine Kinder baden will. Mir ist zu heiß und ich kann den Staub nicht ertragen. Ich habe keine Lust, als Weiße herauszustechen. Ich bin frustriert über die unzähligen kleinen Alltagsschwierigkeiten. Als ich versucht habe, das nach zwei Tagen zurück meinem Mann zu erklären, habe ich einfach losgeheult. Mit Tränen. So schlimm ist das.

Und doch wollte ich es nicht anders. Ich will hier leben. Es ist für mich immer noch ein Wunder, wirklich jeden Tag den strahlend blauen afrikanischen Himmel zu sehen. Meine Kinder haben zwar keine Spielplätze, aber beide sind schon richtige Wasserratten, da es mindestens einmal die Woche zum Swimming-Pool geht. Das Leben ist so unaufgeregt. Ich habe gelernt, viel zu improvisieren und kriege inzwischen stolz auch fast alles ohne Joshuas Hilfe geregelt (was nicht heißt, dass es nicht schön ist, die Autoprobleme dem Gatten zu überlassen). Und man findet hier immer jemand, der einem helfen kann. Ich habe einen wunderbaren Freundeskreis. Es ist ein tolles Kompliment, wenn Familie oder Kollegen mir sagen „Du bist eine von uns geworden“. 

Statt Spielplatz auf einem unserer Spaziergänge...

Wenn ich aber daran denke Ende März, am Ende der vier Wochen Heimat wieder ins Flugzeug steigen zu müssen, habe ich sofort einen Kloß im Hals. Dann vermisse ich meine Eltern, Familie, Freunde, das „Fünf-Sterne-Hotel Deutschland“ schon wieder, bevor ich überhaupt angekommen bin. Ich werde das schreckliche Gefühl nicht los, den Enkeln Oma und Opa vorzuenthalten und den Großeltern die Enkel wegzunehmen. Mir schwimmt schon beim Schreiben das Wasser in den Augen.

Also nach Deutschland umziehen? Zurzeit keine Alternative für uns (sorry, liebe Oma und Opa...). Ich möchte das Leben hier noch eine Weile genießen.

Es ist kompliziert. Aber ich weiß, ich bin hier erstmal mit meinem Leben am richtigen Fleck.  

Manicure: Aufenthalt im Fünf-Sterne-Hotel Deutschland
Helmet: Der weite Himmel Kenias

Was für ein schönes Land, in dem Ananas wächst.