Freitag, 16. November 2018

Glücklicher einkaufen

Das Leben in Kisumu ist neulich auf einen Schlag deutlich besser geworden. Das hat einen ganz ordinären Grund: Wir haben einen neuen Supermarkt. Chandarana. Das ist der Laden, der mir letztes Jahr bei einem Besuch in Nairobi nach einem Jahr Kisumu-Exil die Tränen in die Augen stiegen ließ angesichts der überbordend gefüllten Regale. Das war wie Weihnachten und Ostern und Geburtstag an einem Tag. 

Einkaufen war etwas frustrierend hier in den letzten anderthalb Jahren. Der größte und einzige Supermarkt, der ein paar westliche Produkte hatte, hatte Zahlungsschwierigkeiten und konnte seine Lieferanten nicht mehr bezahlen. Ich rede jetzt nicht davon, dass wir deswegen Walnüsse und Blauschimmelkäse vermissten. Haha, nein, so was nicht zu haben ist Standard, das wird es hier auch in zwanzig Jahren noch nicht geben, daran gewöhnt man sich. Wir vermissten sowas wie Tomatensoße und ordentliches Klopapier. Natürlich kann man Lasagne auch aus frischen Tomaten machen. Natürlich kann man auch zeitungsartiges Klopapier benutzen. Aber will man das? Einziger Vorteil: Da die Regale halb leer waren, war der Einkauf in 20 Minuten erledigt, was sonst eine knappe Stunde gebraucht hat (unter anderem, weil man früher nie wusste, welches Schmankerl es gerade gibt und deswegen jedes Regal genau scannen musste, um die zweimal jährlich erhältlichen Gnocchi nicht zu verpassen, die aufgrund der Unwissenheit der Angestellten durchaus im Backwarenregal liegen konnten). Alle anderen Supermärkte haben zwar die kenianischen Standardprodukte (viel Reis, viel Speiseöl, viel Fanta/Cola/Sprite), aber da die Geschmäcker bekanntlich verschieden sind, ist es schwierig, damit auf Dauer zurecht zu kommen.

Das Angebot im einzigen "westlichen" Supermarkt zu seinen traurigsten Zeiten.

Und nun hat Chandarana aufgemacht. Chandarana hat die oben ironisch erwähnten 20 Jahre übersprungen und uns Walnüsse, Blauschimmelkäse und Oliven nach Kisumu gebracht. Darüber hinaus Kölln-Müsli (original Kölln!!), TexMex-Food, Hühnchenbrust, Apfelmus und Krepppapier. Und so vieles mehr. Wenn man jeden Tag in jedem Supermarkt alles kaufen kann, was das Herz und der Magen begehren, macht man sich kein Bild, wieviel Lebensqualität das ausmacht.
 
Mein neuer bester Freund, der Schwabe Thomas, der in Nairobi deutsche Bratwürste herstellt und an Chandarana in Kisumu liefert. I love you, Thomas! 

Meine neue "Happy Card"


Zum Schluss aus der Kategorie „Positives in kenianischen Supermärkten“: Die kenianische Regierung hat beschlossen, dass es die kostenlosen Plastiktüten in Supermärkten und sonstwo nicht mehr geben darf. Die sind jetzt konsequent weg. Stattdessen werden Mehrwegtaschen aus dünnem Stoff zum Verkauf angeboten. Prima Sache. 

Manicure: Alle zwei Tage mal bei Chandarana vorbeigehen und das Paradies mit den Augen genießen (und ein Stück Paradies mit nach Hause nehmen)
Helmet: Eine Packung Schokostreusel kaufen, auch wenn man die gerade nicht braucht – aber nur eine, weil man davon ausgehen kann, dass Chandarana die auch nächsten Monat noch vorrätig hat und bunkern nicht notwendig ist  

Bonusgeschichte für fleißige Leser
Eins muss man den Angestellten in kenianischen Supermärkten lassen: Sie sind ausgesprochen hilfsbereit, vor allem Müttern gegenüber. Als ich mit dem wenige Monate alten Noel einkaufen war, fing er an, unruhig zu werden. Hunger-Alarm! Schon zuvor bot ein Mitarbeiter an, meinen Einkaufswagen zu schieben, da ich ja das Baby in einer Babytrage vor dem Bauch hatte. Als meine Einkaufsliste abgearbeitet und alles im Wagen war, bestanden die Angestellten darauf, dass ich mich mit Noel auf einen eilends herbeigeholten Hocker an die Kasse setze und den inzwischen weinenden Kleinen stille, während sie meine Produkte ausladen und scannen. Nachdem Noel seinen Hunger gestillt und ich bezahlt hatte, wurde mir der Einkauf selbstverständlich zum Auto getragen und eingeladen.