Montag, 10. Oktober 2011

Das Wmmm-Dilemma

Anlässlich mehrerer aktueller Begebenheiten möchte ich mich heute einem eher privaten Thema widmen: Dem „Wenn man mal muss“-Dilemma. Das ist ja nun nicht zwingend ein Dilemma – hier in Kenia wird es aber ganz schnell zu einem. Das hängt davon ab, ob man groß oder klein muss, in der Stadt oder auf dem Land unterwegs ist, es noch ein wenig verheben kann oder zwecks Durchfall lieber schnell gehen sollte.

Grundsätzlich bin ich inzwischen der Überzeugung, dass ich lieber wild pinkle, also irgendwo hinter einem Gebüsch verschwinde, als auf ein versifftes und übel riechendes Klo zu gehen. Das geht aber natürlich nur, wenn man in freier Wildbahn ist. In städtischen Spelunken-Klos hilft nur eins: Hosen hochkrempeln (um Kontakt der Kleidung mit dem Boden zu vermeiden) – Sicherstellen, dass Toilettenpapier vorhanden und in greifbarer Nähe ist – In die Hocke gehend balancieren und auf keinen Fall den Sitz berühren – Hoffen, dass keiner zur Tür reinkommt (denn die ist natürlich nicht abschließbar) oder bei Nacht: Hoffen, dass keiner draußen vorbeiläuft (denn drinnen fehlt die Glühbirne und die Tür muss offen bleiben, damit ein wenig Licht von draußen reinfällt) – Schnell machen und ohne Boden- oder Wandkontakt wieder raus – Desinfektionsmittel für die Hände dabei haben (denn aus dem Wasserhahn kommt kein Wasser). Das ist eigentlich recht einfach, wenn man den Bogen erstmal raus hat. Aber schön ist es nicht.

Neulich waren wir in der tiefsten Pampa im Osten Kenias unterwegs. Wir haben einige Schulen besucht, die wir vielleicht mit humedica unterstützen werden. Ein Kindergarten findet in einer Kirche statt, für ein eigenes Gebäude ist kein Geld da. Der Pfarrer hat uns das Gelände gezeigt: ein Lehmhaus-Kirchen-Klassenzimmer, eine Lehmhaus-Küche, ein Brunnen mit Handpumpe und eine aus Ästen lose zusammengesteckte Latrine. Der Pfarrer lachte, als er meinte, die Lehrer würden sich weigern dahinzugehen, weil ihnen zu oft eine Schlange begegnet sei. Nur die Kinder seien noch mutig genug, trotzdem zu gehen. Ich habe nicht mitgelacht – ich musste mal. Dringend. Mir war klar, ins Auto einsteigen und weiterfahren bis zu einer besseren Gelegenheit ist keine Option. Bei den Schotterpisten und Schlaglöchern rumst und rumpelt es zu sehr, als dass man den Druck lange aushalten könnte. Irgendwo hinter einen Strauch sitzen ging auch nicht, es war keiner in Sichtweite. Also hin und hoffen, dass keine Schlange da ist. War auch nicht, dafür unzählige Fliegen, die über dem Donnerbalken (wirklich! Holzbalken über ein Loch gelegt!) herumschwirrten.

Bleibt also nur die freie Natur. Und da muss man mal wieder ganz klar feststellen, dass das für einen Mann leichter ist als für eine Frau. Wenn wir beispielsweise die fünf bis sechs Stunden von Nairobi nach Kisumu unterwegs sind und für eine Pinkelpause anhalten, stellt sich Joshua einen Meter hinters Auto und ist längst fertig, während ich noch das am Besten geeignete Gebüsch suche.  Nur um trotzdem Gefahr zu laufen, meinen weißen Hintern einem plötzlich aus dem Nichts auftauchenden Kenianer zu präsentieren. Genauso ungeschickt: Wir fahren, auf einmal ist Nacht, und ich habe vergessen, dass ich nochmal wollte – und nun können wir nicht mehr am Straßenrand anhalten und aussteigen, weil das zu gefährlich wäre.  

Teeplantagen eignen sich hervorragend für wildes Pinkeln.

Das alles sind natürlich Extremsituationen. Es gibt durchaus schöne, saubere Klos in den Restaurants in der Stadt. Und manche Straßenränder haben die tollsten Gräben oder Büsche. Dann hat man aber kein „Wenn man mal muss“-Dilemma, und ich hätte kein Thema. Deswegen für alle anderen Fälle mein Fazit: Zuhause ist es eben doch am Schönsten!

Manicure: Zuhause in Ruhe sitzen
Helmet: Vorsichtshalber pinkeln gehen, wenn es irgendwo passt


In Kisumu konnte sich ein Barbesitzer nicht zwischen Sitz-  und Stehklo entscheiden.

Die zwei Damentoiletten in einem chinesischen Restaurant in Nairobi sind an sich eine gute Idee - aber eine Trennwand wäre schön gewesen.