Freitag, 7. Juni 2013

Baby Katja und Mama Liam



Ich wusste ja, dass ich Kinder sehr mag. Das können meine Nichten und Neffen, Patenkinder und sonstigen Zwerge aus dem Freundeskreis bestätigen. Aber dass ich mich in ein so kleines Wesen derart verknallen kann!

Am Samstag vor zwei Wochen kam Liam James auf die Welt. Und schon da wurde eine deutsche Tugend sichtbar, die ich ihm vererbt haben muss: Pünktlichkeit! Genau am errechneten Termin ging’s los, dabei war ich mir hundertpro sicher, dass es wenigstens eine Woche länger dauern würde. Der Kleine hat es zugegebenermaßen auch nicht ganz auf Termin geschafft, er kam anderthalb Stunden verspätet am neuen Tag zur Welt. Kein Wunder, bei dem Vater... A propos Vater: Meine beiden Jungs sehen sich dermaßen ähnlich! Liam hat die klassische Luo-Nase im knuffigsten Gesicht, mit schwarzen Haaren und schwarzen Augen. Ein zuckersüßer Kerl, hübsch und goldig und perfekt (na und, bin ich eben voreingenommen als Mama!). Für die, die sich über die helle Haut wundern: Liam wird noch nachdunkeln, wie alle afrikanischen oder gemischten Kinder, und seine glatten Haare werden höchstwahrscheinlich noch lockig werden.


Von wem er wohl die großen Füße hat?




Wie gesagt, ich liebe ihn. So sehr. Und ich kann das Wunder oft noch nicht fassen. Wenn ich ihm meine Lieblingslieder aus der Kinderchorzeit vorsinge, zum Beispiel „Ich hab einen guten Freund“, fange ich spätestens bei „Ich mag dich sehr, ich hab dich lieb“ vor lauter Rührung und Glück und Dankbarkeit an zu weinen. Ich wechsle dann schnell zu „Wenn die Sonne ihre Strahlen morgens durch das Fenster schießt“ – das ist nicht ganz so herzerweichend. Für meinen derzeitigen hormonell bedingt übersentimentalen Gemütszustand.

Und nun stelle ich mir all die Fragen, die sich junge Mütter (also jung in Bezug auf die Kinder) trotz stundenlanger Recherche-Surferei und zig durchwälzter Bücher stellen: Sind zehn Pampers am Tag genug oder zu viel oder zu wenig? Wieso pupst der Nachwuchs immer in die gerade frisch gewechselte Windel? Warum komme ich morgens nicht mal zu einer 5-Minuten-Dusche? Wie stelle ich das Tröpfeln an der nicht-benuckelten Brust ab? Bei welcher exakten Raumtemperatur setze ich dem Baby das Mützchen auf? Ist die kenianische Badephilosophie (am Besten täglich mit viel Babyseife und -öl) oder die deutsche (einmal die Woche reicht, warmes Wasser ist sauber genug) die Richtige? Gut, dass meine Schwester das alles schon viermal durch hat und mir 24/7 per Skype oder Telefon mit Rat und Tat zur Seite steht. Und hier in Kisumu habe ich wundervolle Freundinnen, die mir ihre Lieblingsstillpositionen mit Liam’s Teddy vorführen, jeden Tag Essen vorbeibringen, den Süßen ausdauernd bewundern und halten und tausend andere Tipps und Mütter-Beistand geben. Dank all diesen guten Menschen und einem prima Ehemann und Daddy geht es mir schon wieder richtig gut, und Liam ist ein zufriedenes Kerlchen (der natürlich schon auch immer mal seine Stimme kräftig trainiert).


Tag 1: Schlafen...
Tag 8: Schlafen...

Tag 13: Schlafen... weil's so schön ist!


Wer hier die ausführliche Geburtsstory lesen will, den muss ich enttäuschen. Ich mag Internet-Geburtsstories nicht so sehr. Nur soviel: Meine Entscheidung, den Kreißsaal im Aga Khan Hospital in Kisumu vorher nicht anzuschauen, war goldrichtig. Sonst hätte ich mir das mit der Geburt vielleicht nochmals anders überlegt. Dort wird nämlich gerade renoviert, und der Kreißsaal ist etwas provisorisch und viel zu eng. Gleichzeitig mit mir waren da zwei andere Frauen drin – Privatsphäre adieu, hätten wir in den gegenüberliegenden Standardbetten (was anderes gab es nicht, darauf kommt das Kind zur Welt und fertig) die Beine ausgestreckt, hätten wir uns wahrscheinlich gegenseitig mit den Zehen kitzeln können. Immerhin konnte ich durchsetzen, dass Joshua bei mir bleibt, zuerst wollte die Krankenschwester mit Rücksicht auf die anderen Frauen keinen Mann im Raum. Pah. Ich habe mich geweigert, ohne Joshua überhaupt nur irgendwas zu machen. Und das war gut so; es war das Allerbeste, ihn dabei zu haben. Er hat mich wehenlang gehalten, gegen Ende fleißig mitgepresst (sagt meine Labour Coach – ich hab zu dem Zeitpunkt nicht mehr ganz so viel um mich herum wahrgenommen) und unseren Sohn liebevollst auf unserer Welt begrüßt. 

Leider hat sich auch mein Traum auf ein Einzelzimmer nicht erfüllt – ich bin wie schon bei der Malaria im Maternity Ward gelandet – die Wöchnerinnenstation. Ein Zimmer für sieben Frauen und deren Babies. Zum Glück waren wir nur zu viert. Also zu acht. Das Wecken wie im Mädcheninternat um 6 Uhr fand ich aber immer noch extrem unspaßig. Und auch die genervt-ungeduldige Frage der Krankenschwester um 7 Uhr, warum ich denn immer noch nicht duschen war. Hier wurde mir auch klar, dass ich nach kenianischer Tradition meine Identität als Katja verloren habe. Ab sofort heiße ich Mama Liam. Immerhin, das Essen war wieder gut und reichlich. Ich bin trotzdem am nächsten Tag wieder nach Hause. Das war wunderschön – daheim ankommen, auf einmal Liam da haben und ein ganz neues, zauberhaftes Leben beginnen!



Liam ist übrigens die Kurzform von William. Der Name bedeutet „standhafter, entschlossener Beschützer“. Im Wilhelm ist ja der Wil (von willio, Wille) und der Helm schon drin. Und James ist der deutsche Jakob(us): „Gott möge schützen“ oder „Gott schützt“. Joshua hatte sich gewünscht, dass wir den Bub nach seinem verstorbenen Vater James nennen. Nach einem ersten Namen haben wir ewig gesucht. Als die Wehen los gingen, haben wir uns nochmals die Favoritenliste vorgenommen und uns endlich geeinigt. Erst dann haben wir festgestellt, wie fein die beiden Namen von der Bedeutung zusammen passen. Genau das wünschen wir uns für unseren Sohn, ein behütetes Leben unter dem Schutz Gottes.

Oh, mein Süßer wacht auf. Ich muss los. Liam knutschen. Alles andere kann warten!

Manicure: Liam stundenlang anschauen
Helmet: L i a m  J a m e s !


Bei seiner Geburt wog Liam 2,6 kg (auf 52 cm verteilt). Nach 10 Tagen wollten wir mal nachwiegen - super, wieder bei 2,6 kg angekommen!