Ich bin
aufgewachsen in einer Familie, die hier und da gerne mal was aufhebt (bei uns
wird aufgehoben, nicht aufbewahrt). Schließlich könnte man die einzelne
Schraube, das T-Shirt mit nur einem Loch nochmals brauchen. Wenn eben genau so
eine Schraube fehlt und man nicht gleich eine ganze Schachtel kaufen will oder
Gartenarbeit ansteht, für die die sonstige Garderobe zu schade ist. Erstens sind wir in Schwaben. Und zweitens erklärt sich diese
Gewohnheit wahrscheinlich auch damit, dass meine Eltern in den knappen Zeiten nach dem 2.
Weltkrieg aufgewachsen sind. Da geht man nicht leichtfertig mit Dingen um, die
eigentlich noch gut, wenngleich derzeit nutzlos sind. Es hat uns Kindern ja auch oft geholfen. Was immer wir basteln wollten – ein Blick in den Keller,
Problem gelöst. Spätestens bei Opa wurden wir fündig.
In Kenia nimmt
das ganz andere Dimensionen an. Auch hier ist sicherlich der dünne Geldbeutel
eine Motivation fürs Aufheben oder nochmals für was anderes verwenden. Einfach
neu kaufen geht oft nicht. Und so werden Plastikschlappen, die neu weniger als
1 Euro kosten, für 10 Cent repariert. Überhaupt kann so ziemlich jeder Schuh
repariert werden, entweder mit Nadel und Faden oder mit „Superglue“ (krasse
Variante von Sekundenkleber). Große und kleine Wasserflaschen oder Kanister aus
Plastik werden gesammelt und aufgehoben oder weiterverkauft. Aus Dosen
entstehen Kerosinlampen. Risse in Plastikschüsseln werden mit dünnen
Plastikstreifen geflickt. Gebrochene Plastikstühle (gehen vorzugsweise in der
Rückenlehne kaputt) werden mit einem Stück Metall geheftet – oder man stapelt
einfach zwei übereinander, die an verschiedenen Stellen gebrochen sind, dann
kann man da auch wieder sicher genug drauf sitzen. Klamotten (gekauft auf dem
Second-Hand-Markt mit Lieferungen aus Europa und USA) werden zigmal
weitervererbt. Der Markt für gebrauchte Autoteile ist gigantisch. Überhaupt
kann man wohl so ziemlich alles gebraucht kaufen: Pfannen, Spielzeug, Bettwäsche.
Und. So. Weiter.
Ein paar Cent investiert, und die Schlappen sind wieder wie neu! (Nein, das sind nicht meine Schuhe. So wild schlägt mein Schwabenherz dann doch nicht.) |
Praktischerweise gibt es in unserer Familie fast nur Jungs, da kann man alles weitervererben. |
Der Schüsselflicker (danke fürs Foto, Elfi!) |
Wirklich toll
und kreativ ist, wie Kinder aus Resten, Abfall und Fetzen etwas schaffen.
Fahrzeuge und Bälle in den schönsten Variationen. Da wird mit dem gearbeitet,
was man eben so findet. Das macht einmal Spaß beim Bauen, und dann nochmals
beim Spielen.
Zumindest stellt
sich in Kenia nicht die Frage, wie man dutzende von Müllverbrennungsanlagen
füllt, wenn nach den gelben, blauen, braunen und grünen Tonnen kein Restmüll
mehr bleibt. Andererseits liegt leider auch immer wieder Müll rum. Und zwar von
der hässlichen Sorte, mit der dann wirklich gar nichts mehr anzufangen ist. Für
unseren privaten Müll haben wir ein Mini-Unternehmen beauftragt. Für eine
monatliche Gebühr von 200 Schilling (keine 2 Euro) wird einmal die Woche ein
großer Sack abgeholt. Wenn wir unseren Müll rausstellen, kommt mit großer
Zuverlässigkeit ein Straßenjunge vorbei, der darin nach Brauchbarem
schaut. Alles andere wird von den Jungs auf dem Müll-Pick-Up aussortiert.
Vielleicht findet sich ja was, was man aufheben kann.
Manicure: Keinen
Schuh mehr wegschmeißen müssen
Helmet: Möglichst viel aufheben für
schlechte Zeiten
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