Montag, 19. März 2012

Mrs. Joshua und ihre fünf Rindviecher

Genau genommen gehören die vier Kühe und der Bulle nicht mir, sondern meinem Vater. Als guter und überraschend traditionsbewusster Luo hat Joshua nämlich darauf bestanden, das Brautgeld für mich zu bezahlen. Ein Brautgeld auf vier Hufen.

Es geht dabei nicht darum, die Frau zu kaufen. Das Luo-Volk vom Viktoriasee ist einfach der Meinung, man/Mann sollte sich bei seinen zukünftigen Schwiegereltern dafür bedanken, dass sie eine mit Liebe wohlerzogene und gebildete Tochter zur Heirat geben. Meine Erziehung und Bildung waren also vier junge, aber gut gewachsene Kühe und einen Bullen wert. Rein rechnerisch-buchhalterisch waren es fünf Kühe. Eines der Biester hat nämlich ein paar Tage vor der Übergabe die Kuhaugen für immer zugemacht, und Joshua musste eine neue kaufen. 

Die Feier anlässlich der Brautgeld-Übergabe nennt sich „nyombo“. Meine Eltern waren mit Verstärkung von zwei Onkels und zwei Tanten aus Deutschland angereist. Der Bruder von Joshua hatte sich bereit erklärt, die nyombo bei ihm vor dem Haus unter der allseits beliebten pinkfarbenen Bougainville zu veranstalten. Also haben wir uns eine Woche vor der kirchlichen Hochzeit in Nairobi Richtung Heimatdorf aufgemacht. Eigentlich hat die nyombo bei den Brauteltern stattzufinden, aber das war ja nun nicht möglich. Weder die Kühe noch die kenianische Sippe hätten wir so einfach auf die Fildern verfrachten können. Und bei uns im frisch fertig gestellten Lehmhaus hätten wir die Gäste auf gar keinen Fall begrüßen dürfen, schließlich waren wir traditionell noch nicht verheiratet, und Ordnung muss sein.

Ganz kenianisch fing unsere nyombo natürlich erst mal rund drei Stunden zu spät an. Eigentlich sollte es um eins, spätestens um zwei Mittagessen geben. Das hatten wir dann so gegen vier. Aber was für ein Festessen! Die alten Holztische haben sich gebogen unter Töpfen und Platten mit Hühnchen, Fisch, Ziege, Kraut, Tomatensalat, Kartoffeln, Reis, Ugali, Sukuma Wiki, Chapati, und ich weiß nicht was noch. Meine Schwägerin und ihre Ladies haben mal wieder aufs Feinste in ihrer Lehmküche aufm Holz- und Kohlenfeuer gezaubert. Und meine Mutter hat noch in Deutschland eine Linzertorte gebacken und die mitgebracht! Weltklasse! Und dazu von Mama und meinen Tanten in Nairobi gebackene Kuchen und Kekse – etwas ganz besonderes für meine Land-Verwandtschaft ohne Backofen.

Und dann kam der große Moment: Joshua’s Fürsprecher Amolo, ein älterer Cousin, hat das Wort erhoben. Der Bräutigam selber hat an diesem Tag nämlich keine Befugnis, etwas zu seinen Gunsten zu sagen. Es war wunderbar, wie Amolo den Wert ihrer Tradition erklärt hat, wie er mich in der Familie willkommen geheißen hat – und wie er schließlich meine Onkel als Vertreter meines Vaters gebeten hat, die Kühe am Haupttor in Empfang zu nehmen und zu meinem Vater zu führen. Wobei, wer da wen am Strick gezogen hat, war nicht so klar zu erkennen!

Schlauerweise hat sich mein Vater entschieden, die Rinder bei meinem Schwager stehen zu lassen. Er erkundigt sich nun bei unseren Telefonaten immer wieder, wie es wohl seiner Herde geht. Wenn meine Eltern das nächste Mal zu Besuch kommen, können sie die Milch von ihren Kühen trinken und womöglich bald schon das erste Kälbchen begrüßen. Und sich vom Wohlergehen ihrer Tochter überzeugen, die nun in Kenia Zuhause ist und dort Mrs. Joshua heißt.

Manicure: Eine kuh-wert-volle Frau sein
Helmet: Auf keinen Fall einen Vergleich mit diesen Kühen anstellen



Die Ziege davor...


... eins der Hühner danach.

Es gab soviel Essen, dass wir Töpfe aus der ganzen verwandten Nachbarschaft zusammensammeln mussten.
Mmmmmmmmhh Mama's Linzertorte!

Joshua schweigt, sein Fürsprecher Amolo spricht.

Da kommen sie, die Kühe mit den Onkeln!
Mein Vater macht sich mit seiner kleinen Herde vertraut. Die Kühe sollen Katja, Bärbel, Maya und Elfi heißen. Für den Bullen brauchen wir noch einen Namen!

Mr & Mrs Joshua Ogola!

2 Kommentare:

  1. Wie herrlich! Das Leben ist doch so bunt und vielseitig! Ein bisschen mehr "Afrika" tut uns allen gut! Es grüßt Mrs. Dirk

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  2. Danke, Mrs Joshua! Habe gerade lachen müssen. Was für eine Geschichte. Hätte man Dir vor einigen Jahren gesagt, dass DU in einen Ehe-Kuhhandel verstrickt bist, dann wärst Du empört gewesen. Wunderbar, dass alles so gekommen ist. Iris

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