Sonntag, 21. Februar 2010

Etwas ist besser als nichts

„Something is better than nothing“ – so hat mein Kollege das sudanesische Sprichwort übersetzt, das ich heute morgen spontan bei einem Workshop interpretieren sollte. Mitte des Jahres verlässt humedica Darfur, und so wird zur Zeit viel Energie in Workshops und Trainings investiert. Die lokalen Authoritäten und Gruppen sollen motiviert und ausgebildet werden, selbst die Dinge in die Hand zu nehmen und wo möglich die Arbeit weiter zu führen. Je eine Woche lang werden sogenannte „Community Health Committees“ in den Camps geschult. Heute war ich in Al Salam mit dabei, als humedica-Vertretung zur Begrüßung am ersten Tag. Das Sprichwort habe ich mit unserem deutschen „Besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“ veranschaulicht und ein bisschen darüber philosophiert, was sie da Wertvolles von humedica in die Hand bekommen haben. Muss mir aber auch eingestehen, dass „etwas“ im Sudan viel, viel weniger ist als in Deutschland. Und nichts noch weniger.



Bis wir allerdings da waren... im Camp, meine ich. Um 10 vor 9 sollte es losgehen. Um 10 nach 9 waren wir soweit. Mussten dann aber noch jemand von der sudanesischen Superbehörde, zuständig für alle Hilfsorganisationen, abholen, der auch noch ne halbe Stunde auf sich warten ließ. Bis wir dann durch die Checkpoints waren, kamen wir 1 Stunde zu spät an. Machte aber nichts, von den Workshop-Teilnehmern war auch erst ne Handvoll da! Puh, da muss die pünktliche deutsche Seele tief durchatmen.



Zwischendurch bin ich für ne Stunde die Campschulen von humedica besuchen. Eine für Mädels, eine für Jungs. Wie überall kommen die Kinder gleich angelaufen, mit ihrem typischen fröhlich-lauten „Okay! Okay!“. Die Lehrerinnen in der Jungs-Schule laden mich spontan ein, ihr Mittagessen zu teilen: Fladenbrot in Stücke gerissen und mit irgendwas vermischt, Humus und Gemüse sind erkennbar dabei. Und wie immer: alle mit den Fingern von einem Teller! Besonders schön, nachdem ich eben geschätzte 200 Kinderhände geschüttelt und Köpfe und Arme getätschelt habe. Glücklicherweise kennt man hier die Schweinegrippe nicht, und ich habe einen robusten Magen – denn kneifen gilt nicht, ganz im Gegenteil: Ich werde immer wieder ermuntert, doch noch mehr zu essen. Es schmeckt, also gerne!



Auf der Rückfahrt fragt mich der Workshop-Trainer, welche Gemeinsamkeiten die deutsche und die sudanesische Kultur haben. Da muss ich doch erstmal nachdenken. Gastfreundschaft? Sudanesisch! Pünktlichkeit? Deutsch! Bürokratie? Beide – aber tatsächlich Sudan noch etwas mehr. Das-erledigen-wir-mal-eben-Einstellung? Deutsch! Geht-schon-alles-irgendwie-Einstellung? Sudanesisch!

Manicure: Faszination Kulturen
Helmet: Blick auf die Uhr vermeiden

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