Freitag, 5. März 2010

Wo die großen Jungs spielen

Mal wieder Freitag – Wochenende! Die Zeit fliegt dahin, ein gutes Zeichen. Wir waren die letzten Tage im humedica-Büro sehr damit beschäftigt, einen neuen Partner für die Kliniken in den Flüchtlingslagern zu finden. So wie es aussieht, waren wir erfolgreich: Die Arbeit, die humedica hier über sechs Jahre aufgebaut hat, wird von einer anderen Hilfsorganisation übernommen und weitergeführt.
Trotz viel Arbeit und mancher Nerven wegen der Sicherheitseinschränkungen und kultureller Eigenheiten hat mich heute nach einem halben freien Tag schon wieder die Langeweile und damit der Rappel gepackt. Ich muss einfach mal vor die Tür! Nur im Garten abhängen, so schön und so gemütlich der ist, seit ich darin ein Bett aufgestellt habe – das ist nichts für mich.

Also raus. Ich kann meinen kenianischen Kollegen begeistern zu einem Spaziergang mitzukommen. Mein Ziel: das ausgetrocknete Flußbett am Rand der Stadt, da will ich schon längst mal langlaufen. Auf dem Weg dorthin lädt unser Fahrer uns ein, in seinem 3-Generationen-Zuhause auf einen kleinen arabischen Kaffee reinzuschauen. Die 1-jährige Tochter seiner Schwester hat gerade „Küsschen geben“ für sich entdeckt und so bekomme ich unzählige schmatzige und dahin gehauchte Küsse auf die Wange. Wie herrlich, das tröstet mich ein wenig darüber hinweg, wie viele Kilometer meine Nichten, Neffen und Patenkinder von mir entfernt sind. Dann fahren wir weiter – und schnurstracks durchs Wadi durch und vorbei! Ich will da doch spazieren gehen! Aber das Konzept von „einfach so durch die Gegend laufen“ ist den Sudanesen eher nicht geläufig. Außerdem behauptet unser Fahrer, dass das hier zurzeit zu gefährlich sei, die Militärmilizen oder Rebellen streifen herum (meistens weiß man nicht so genau, wer wer ist). Prompt sehen wir auch eine Truppe auf Kamelen vorbereiten, traditionell gekleidet, die Waffen in bunt verzierten Halftertaschen stecken. Ein seltener Anblick, sonst fahren sie in ihren Tarnanzügen mit offenen Jeeps und großen aufgesteckten Gewehren duch die Stadt.



Wir fahren vorbei an einem Lager am Ufer des Wadi, die winzigen Hütten sind aus Pappe, Stoff und irgendwelchem übrig gebliebenen Material zusammengeschustert. Unvorstellbar, wie man hier leben kann. Zehn Minuten später landen wir in einem parkähnlichen Wald – der aus lauter Mangobäumen besteht! Musik schallt zwischen dem Grün durch, hier und da sitzen Gruppen von Männern zusammen, spielen Karten, lesen Zeitung, trinken Tee, klönen und rauchen. So verbringen die Herren also ihren freien Tag! Während ihre Frauen zuhause hinter der Mauer sitzen. Wir schlendern ein wenig herum, aber wirklich spazieren gehen kann man hier nicht, und, wie unser Fahrer mit einem Grinsen bemerkt, mit mir schon gar nicht. Zu weiß, zu weiblich. Also rumpeln wir wieder ins Guesthouse zurück – aber die zwei Stunden Abwechslung waren großartig!



Manicure: sowas ähnliches wie spazieren gehen
Helmet: ein Fahrer, der sich gut auskennt

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