Wer die Wahl hat,
hat’s gut. In Kenia waren vor knapp zwei Wochen, am Dienstag, 08. August,
Präsidentschaftswahlen. Die Details sind komplex, vereinfacht ist die Situation
so: Seit der kenianischen Unabhängigkeit 1963 waren nur zwei Volksstämme an der
Macht, die Kikuyu und der benachbarte Volksstamm Kalenjin. Das führte über die
Jahrzehnte zu viel Ungerechtigkeit, de facto Unterdrückung und Unruhe im Land,
von Korruption auf allen Ebenen ganz zu schweigen. Der langjährige Oppositionsführer
Raila Odinga kommt aus der Gegend von Kisumu und ist somit Luo. Dieses Jahr
haben sich die Luos und andere befreundete Volksstämme große Hoffnungen gemacht,
dass Odinga die Wahl gewinnen würde – und es war so ziemlich klar, gewinnt er
nicht, kommt es zu gewalttätigen Protesten. Was sich leider mit der Wiederwahl des
bisherigen Präsidenten bewahrheitet hat. Die Folge waren nach Bekanntgabe des
offiziellen Ergebnisses brennende Autoreifen, fliegende Steine, eine hohe Militärpräsenz,
leider auch Polizeiwillkür, Tränengas, scharfe Schüsse, Verletzte und Tote in
Kisumu und anderswo. Es wird aus vielen guten Gründen vermutet, dass es sich um
Wahlbetrug handelt. Also hatten die Menschen eigentlich mal wieder keine Wahl.
Joshua war einer
der ersten, der seine Stimme abgegeben hat. Er ist vor 5 Uhr früh los, um 6
machte das Wahllokal auf und um 7 war er zurück. Mit blau gefärbtem kleinem
Fingernagel, damit es gleich offensichtlich ist, sollte er sich nochmals
anstellen wollen. Wer später kam, stand oft stundenlang an.
Das Wetter war trüb am Wahltag - schlecht fürs Foto, gut für die geduldig anstehenden Wähler. |
Egal welches Transportmittel - nur weg in Sicherheit, bevor das Chaos losgeht. |
Vorsichtshalber
hatte ich sowohl in Mamboleo als auch in Boya (unsere "Dorf-/Familienheimat")
Lebensmittel- und sonstige praktische Vorräte angelegt. Unsere erste Wahl war aber
– und ich bin dankbar, dass wir sie hatten – wegzufahren. Am selben Vormittag über
die Grenze nach Tansania. Erst mal für unbestimmt, je nachdem, wie sich die Situation
entwickeln sollte. Ich habe den Urlaub sehr genossen, Joshua fiel es wahnsinnig
schwer, weg zu sein und nur aus zweiter Hand sporadisch zu erfahren, was
zuhause abgeht. Aber es war klar: Der Schutz und das Wohlbefinden der Familie
gehen vor. Gestern, nach zehn Tagen, waren die Nachrichten so gut, dass wir
wieder zurückgefahren sind. Man sieht auf den Straßen noch die Reste der
Demonstrationen, aber das Leben nimmt, zumindest nach außen, wieder seinen
normalen Gang, die Supermärkte sind offen, die Menschen sind von hier nach da
unterwegs.
Die ganze
Situation macht mich wahnsinnig traurig. So ein schönes Land, meistens
friedlich und vergleichsweise gut entwickelt. Tatsächlich aber gibt es keine
Gerechtigkeit, und damit kann es auch keinen echten Frieden geben. Wie sehr ich
genau das Kenia und seinen Menschen wünsche.
Manicure: die Wahl haben
Helmet: Wahl-Urlaub
Unser wunderbar gelegenes Ferienhäusle in Musoma am Viktoriasee. |
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