Die
Moskitos und ich sind bessere Freunde, als mir lieb wäre. Ich tue wirklich was
ich kann, um die kleinen Biester fernzuhalten: Prophylaxe, Moskitospray, lange
Klamotten am Abend, Schlafen nur unterm Moskitonetz. Hilft aber alles nichts.
Spätestens auf der Latrine umschwirren sie so freudig meinen Hintern, als ob es
nichts Süßeres geben könnte als mein Blut. Und Sonntag vor einer Woche war es
mal wieder soweit: Diagnose Malaria. Och nöööö. Leider wurde das vom angeblich
besten Krankenhaus (Aga Khan) in Kisumu beim ersten Test nicht erkannt, und ich
wurde mit Antibiotika wieder nach Hause geschickt. Nachdem es mir nach ein paar
Tagen nicht besser ging, bin ich doch nochmals hin – und siehe da, nun hat auch
das Aga Khan Labor meine Malaria Falciparum-Parasiten gefunden. Der Arzt hat
mir lässig dreimal täglich Quinin verschrieben und mich wieder nach Hause
geschickt. Keine gute Idee, denn das habe ich nicht vertragen, geholfen hat es
auch nicht und bis ich Sonntags drauf wieder ins Krankenhaus bin, war ich dehydriert
und bereits eine Woche mit hohem Fieber krank. Viel zu lange bei Malaria. Und
viel, viel zu lange, wenn man im siebten Monat schwanger ist.
Wenigstens
bin ich an dem Sonntag an einen guten, erfahrenen Arzt geraten. Sein Kommentar,
nachdem er meine Leidensgeschichte gehört und mich untersucht hatte: „Germans
are tough. If a German goes down...“ („Deutsche sind hart im Nehmen. Wenn es
mit einem Deutschen bergab geht...“) und ein vielsagendes Schweigen. Er hat
dann auch nicht lange gefackelt und mich sofort stationär eingewiesen.
Irgendwer
fand es eine gute Idee, mich auf die Entbindungsstation zu packen. Gut, so
konnte ich mir wenigstens schon mal im Live-Betrieb anschauen, wie es im
Geburtskrankenhaus meiner Wahl so zu geht. Ich wurde sehr nett von
Krankenpfleger Vincent begrüßt und kam mir dabei eher wie auf einem Flug vor.
Das ging in etwa so: „Willkommen an Bord der Aga Khan. Wir möchten Ihren
Aufenthalt so angenehm wie möglich gestalten. Hier ist Ihre Begrüßungstasche mit Flip-Flops, Vaseline, Zahnbürste und -pasta, Handdesinfektionsmittel und kleinem Handtuch. Über Ihrem Bett befindet sich
Ihre persönliche Schaltzentrale mit Steckdosen zum Handy laden, Ventilator,
Lichtschalter – leider funktioniert Ihr Licht allerdings seit längerem nicht – und das hier ist
der Alarmknopf. Melden Sie sich gerne, wenn Sie irgendetwas benötigen.“ Oh,
danke, ja. In dem Moment wollte ich allerdings nur, dass, was auch immer da
intravenös in mich reintropfte, ganz schnell wirkt.
Da fühlt man sich doch gleich sowas von willkommen. |
Meine IV-Connection und das ganz wichtige All-inclusive-Bändchen. |
Ein
Höhepunkt jeden Tag war die Essensbestellung. Da kam doch tatsächlich ein
uniformierter Mensch, um meine Bestellung für die drei Hauptmahlzeiten
entgegenzunehmen. Was darf’s denn zum Frühstück sein? Toast oder Pfannkuchen?
Das Ei gekocht, Spiegelei oder Rührei? Das Spiegelei auf einer oder auf beiden
Seiten angebraten? Und zum Mittag: Lamm oder Huhn, und welche Beilage soll es
denn sein? Wir haben eigentlich alles. Dito zum Abendessen. Seufz. Sehr schön.
Und dann unaufgefordert zwischendurch am Vormittag und am Nachmittag noch
Muffins, Kuchen oder dergleichen. Tee, Kaffee oder heiße Schokolade dazu? Wer
die Wahl hat, hat die Qual. Und was mache ich, wenn ich wieder daheim bin? Da
muss ich wieder selbst zum Kühlschrank, blöd aber auch. Ich glaube nicht, dass
ich Joshua so schnell auf einen solchen Service trimmen kann. Warum man uns
aber keine Gabeln gegeben hat, habe ich nicht verstanden. Meist nur Löffel, ab
und zu ein Messer dazu. Aber nie eine Gabel. Einmal hat mein Mann eine für mich
organisiert, die anderen Male habe ich eben beispielsweise den Burger mit
Pommes (1A Krankenhausessen unter ernährungswissenschaftlichen Aspekten, würde
ich sagen) mit dem Löffel gegessen. Geht auch.
Ansonsten ging es auf Station zu wie in einem Mädcheninternat im vorletzten Jahrhundert. Um 4:30 Uhr leert das Reinigungspersonal die Mülleimer. Um 5:40 Uhr gnadenlos Licht an und Blutdruck messen. Um 7:00 Uhr die erste ungeduldige Nachfrage, ob ich schon geduscht hätte. Dabei war ich gerade nochmals so schön weggedöst...
Und drei
Tage später war der Spuk wieder vorbei. Die wirklich freundlichen und
fürsorglichen Schwestern haben geschätzte zwanzig Mal die Herztöne des Babys
abgehört und einen Ultraschall organisiert – immer alles gut. Ich habe mich bis
zum Schluss geweigert, die olle Krankenhausklamotte anzuziehen (und wurde trotzdem gesund). Joshua war
einzigartig und hat sich vor, während und nach dem Stationsaufenthalt bestens
und mit viel Zeit um mich gekümmert. Sogar Blumen gab es: Leider habe ich
nämlich unseren 1. Hochzeitstag im Krankenhaus verbracht. Wenig romantisch
unter diesen Umständen (erst recht, da ich eine von sieben Damen und 5 Babies
im Zimmer war) – aber eigentlich die schönste Liebeserklärung zu diesem Tag: Füreinander da
sein in guten wie in schlechten Zeiten, in Gesundheit und Krankheit.
Rote Rosen zum Hochzeitstag |
Manicure:
Drei Tage all-inclusive
Helmet: Wenn
ich den mal hätte gegen Moskitos!
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