Freitag, 11. Januar 2013

Der Räuber Hotzenplotz in Kenia


Irgendwie war ich in letzter Zeit etwas schreibfaul. Oder vielleicht hatte ich eine Schreibblockade, das hat ja jeder berühmte Autor mal. Dabei gibt es hier so viele spannende Themen, die unbedingt noch beschrieben werden müssen. Wellblech in allen Bauformen, ein Einbruch und andere Ganovengeschichten, Essen (vor allem Fleisch), Weihnachten, Neujahr, Wahlkampf 2013. Puh. Und dabei habe ich bereits nach gut einer Woche das Gefühl, dass das neue Jahr schon wieder halbe rum ist!

Lassen wir es langsam angehen. Und ärgern wir (das „Doktor-wir“) uns nicht über die Widrigkeiten des Lebens in Kenia. Die es auch sonst überall geben könnte. Zum Beispiel der Einbruch in unserem Haus in Kisumu-Mamboleo Ende letzten Jahres. Wir leben ja ausschließlich auf dem Dorf, also stand das Haus leer (inzwischen haben wir Mieter gefunden). Wir haben zwar einen Nachtwächter, einen nichts fürchtenden Massai. Die Massai werden überall gerne als Guards eingestellt. Wer nicht mal vor einem Löwen zurückschreckt, wird doch auch mit Kleinstadt-Ganoven fertig werden! Blöd nur, wenn der Massai nicht am Arbeitsplatz ist, wenn der Spitzbub kommt. So geschehen bei uns. Unser Massai hatte super Ausreden, was er früh morgens um fünf gerade unbedingt erledigen musste. In der Zeit konnten die Diebe in aller Ruhe das Außentor plus zwei Haustür-Schlösser knacken und im Haus diverse Gegenstände von einem Musiksystem über einen Gaszylinder bis hin zu einer Sofakissenhülle mitnehmen. Meine Vermutung ist, dass die Sofakissenhülle dem Transport des Diebesgutes diente. Ehrlich, der Dieb hat ja wohl gar nicht mitgedacht! Kommt ohne Tasche ins Haus! Für uns sehr ärgerlich, ich glaube nicht, dass wir den Stoff nochmals finden (wobei die Farbe mir ohnehin nie gefallen hat). Nächstes Mal lege ich Tüten bereit mit einem großen Hinweisschild: Bitte bedienen Sie sich! Sofakissenhüllen sind freundlicherweise liegen zu lassen!

Robust genug ist der Stoff bestimmt, um in der Kissenhülle alles mögliche zu transportieren.

Etwas absurd oder einfach nur ungewohnt ist, wie sich bei so einer Geschichte die Polizei verhält. Als wir vor zwei Jahren in Mombasa ausgeraubt wurden, tauchte einer der Polizisten allen Ernstes im Mickey-Mouse-Shirt auf und hat mich nach einem Stück Papier gefragt, für seine Tatort-Notizen. Hallo?! Ich wurde gerade ausgeraubt, ich habe nichts mehr! Unsere Kisumu-Polizisten waren zwar nicht in Uniform, aber doch besser gekleidet. Wir mussten sie abholen, da sie leider kein Fahrzeug haben und ansonsten nicht zum Tatort kommen können. Vor Ort haben sie sich total chefmäßig umgeschaut und es sich dann so schnell wie möglich auf dem Sofa bequem gemacht. Ich bin die einzige, die von den 1A Fußabdrücken in der verstaubten Küche Fotos gemacht hat. Das ist doch super Beweismaterial! Oder schaue ich zuviel Tatort?! Nach der Bestandsaufnahme haben wir die Polizisten samt Wächter dahin gefahren, wo der Massai nachts angeblich hin musste. Und anschließend haben wir sie zum Mittagessen eingeladen, damit sie bereit sind, tags drauf nochmals abgeholt zu werden, um den Massai-Guard festzusetzen. Das haben sie dann auch gemacht. Auf ein Protokoll warten wir allerdings immer noch. Vielleicht sollte ich mal ein Blatt Papier vorbeibringen?

Der Dieb war also barfuß unterwegs... aha...

Ein anderer Halunke hat uns auf einem Grundstück einen Zaun geklaut. Einen Zaun! Besser gesagt den Stacheldraht zwischen den Pfosten. Die Pfosten haben wir dann selber ausgebuddelt, bevor den Hausfrauen in der Nachbarschaft noch einfällt, dass sich Zeder super als Brennholz in der Küche eignet. Soll alles schon vorgekommen sein. Und der Zaundieb hat den Draht nur abgeschnitten, um ihn als Altmetall zu verkaufen. So ein Schwachsinn. Das wiegt doch nichts, bringt ihm also nur ein paar Schilling Taschengeld, aber uns kostet ein neuer Zaun eine richtige Stange Geld. Der Schaden ist also für uns viel größer als für ihn der Gewinn. Wobei das ja bei Einbrüchen oft der Fall ist.

Über Weihnachten waren Joshua und ich in einem hübschen kleinen Guesthouse im Grünen nicht weit von hier. Herrlich, zwei Tage nur wir zwei, spazieren gehen, reden, über Weihnachtstraditionen sinnieren, wohl sein lassen. Bis auf eine jähe Unterbrechung der zweiten Nachtruhe. In der Nacht vom 25. auf den 26.12. – der hiesigen Weihnachtsnacht – hat jemand die Geldkassette aus der Bar gestohlen und bei der Gelegenheit die ganze Bar niedergebrannt. Als so gegen 3 Uhr draußen Schreie zu hören waren, ist Joshua sofort rausgelaufen, um zu sehen was los ist und zu helfen. Ich hatte sofort die wildesten Befürchtungen, dass die Störenfriede noch da seien, es zu einer Schießerei käme und wir nicht mal ein Ehejahr voll machen. Er kam dann aber schnell zurück ins Zimmer, der Dieb war schon weg, und Joshua suchte irgendwelche Gefäße zur Brandlöschung. Zwei Stunden später kam er recht verrußt wieder – soweit man das schwarz auf schwarz erkennen kann. Wie ein Weihnachtsmann, der durch einen ungeputzten Schornstein kommt... Umgerechnet 400 Euro hat der Dieb erbeutet. Ökonomisch nicht sehr sinnvoll und schon gar nicht weitsichtig. Hätte er die Bar stehen lassen, hätte er in spätestens 2-3 Monaten wieder so viel bekommen können.

Was so alles in Joshua’s Farmen passiert? Gelangweilte Jugendliche zündeln Wasserleitungen an, Kühe werden im frisch gekeimten Mais gegrast, Dämme aus irgendwelchen Befindlichkeiten eingerissen, gefurchte Äcker schnell zugeschoben um den Eindruck zu erwecken, man habe das Pflanzgut tatsächlich vergraben und so weiter.

Das waren jetzt alles etwas düstere Geschichten. Die zwar durchaus ihre Komik haben, wenn man sie aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet. Der Großteil der Leute aber ist wirklich einfach sehr nett. Man grüßt sich, man hilft sich, man hat immer Zeit für ein Schwätzchen, viele Arbeiter auf den Farmen schuften wirklich... Auch wenn wir hier und da Verluste hatten: Ich bin dankbar, dass uns bei all diesen und anderen Gelegenheiten noch nie etwas passiert ist. Keine Schramme am Körper, keine an der Seele. Gott sei Dank.

Manicure: Sich mit netten Menschen umgeben
Helmet: Einfach nicht so viel haben

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