Sonntag, 17. Juni 2012

Kinder, wie die Zeit vergeht!

Letzten Montag sind wir von einer wunderbaren Woche Berlin-Urlaub zurückgekommen – das erste Mal zurück in der Heimat seit genau einem Jahr! Für mich ein viel besserer Zeitpunkt als Silvester, um einmal zurückzublicken auf das erste, schnell verflogene Jahr Kenia.

Bevor es losging, habe ich mindestens zwei Bedingungen für mein Auswandern gestellt, wie mich eine Freundin in Berlin erinnerte: Fließend warmes Wasser (und mit fließend meinte ich aus dem Wasserhahn, nicht im Topf erwärmt und per Plastikkanne über den Kopf geschüttet) und niemals ein Huhn rupfen müssen. Das zweite blieb mir erspart, das erste war mir nicht immer vergönnt. Soweit keine schlechte Bilanz.

In eine ordentliche Bilanz muss aber viel mehr und viel Wichtigeres einfließen. Joshua und ich haben ein Häuslein auf dem väterlichen Grund gebaut, und zwar aus Lehm, was man dem Haus aber nicht mehr ansieht. Innen ist es morgensonniggelb gestrichen, draußen haben wir rund zweihundert Bäume und unzählige Pflanzen von Oleander über Bougainvillen, Rosen, Hibiskus und sonstige Schönheiten gepflanzt. Mein Lieblingsplatz ist meine Banda im Garten, und dort die Hängematte. Anfangs kam meine Schwägerin morgens noch mit frisch gekochtem Tee samt Tassen vorbei – das macht sie leider nicht mehr, seit wir einen Gaskocher und sonstige Küchenutensilien haben.

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose... und ein Jahr lässt sich nicht 3-4 Bilder fassen, deswegen nur: eine unserer Rosen.

Ein halbes Jahr später und nur deswegen als zweites erwähnt haben wir geheiratet. Hach, war das ein schöner Tag! Wir haben den Hochzeitsfilm bisher zweimal angeschaut, und beide Male habe ich vor Glück geheult. Tausende von Fotos warten wahrscheinlich noch eine ganze Weile darauf, sortiert und in ein Buch gebunden zu werden. Und da war die traditionelle Feier auf dem Land, die mich offiziell zu Mrs. Joshua (oder Mrs. Ogola, Atieno, Madame, Mama, Jaber, Co-Wife, Schwägerin, Auntie – über Namen könnte ich auch mal schreiben) gemacht hat. Und meinen Vater zum Kuhbauern. Aber das habe ich ja alles schon erzählt.   

Ganz normal – wenn auch nicht immer begrüßenswert – finde ich inzwischen Gitter vor den Fenstern, Kühe auf der Straße, Geckos an der Wand, Stromausfall, Schlafen mit Moskitonetz, über den Preis von Tomaten und Taxifahrten verhandeln, nicht angerufen sondern geflasht werden (woraufhin man den Flasher zurückrufen muss – spart ihm Kosten), auf der linken Straßenseite fahren. Ich habe gelernt, ein direktes "Hast du zugenommen?!" als afrikanisches Kompliment zu nehmen. Und ich habe meinen Lieblingsradiosender auf 95,6 FM gefunden, und zwar vor allem deren Sundowner-Sendung zwischen sechs und sieben Uhr abends. Da werden eine Stunde lang die Golden Oldies rauf und runter gedudelt: The Boxer, Que sera sera, All out of love, Take my breath away!

Ein bisschen schwer fällt mir immer noch die ewige Warterei auf irgendwen oder irgendwas, tiefe Schlaglöcher und hohe Bodenwellen, Kisuaheli. Und weit weg zu sein von Familie und Freunden fühlt sich ein wenig wehmütig an. Aber das darf ja auch sein.

Über das Thema Heimat ließe sich ein ganzes Buch füllen. Das haben ja aber andere schon gemacht. Deswegen ziehe ich hier für mich nur das kurze Fazit, dass ich mich hier Zuhause fühle, daheim, heimatlich. In Nairobi, in Ahero, irgendwo in Kenia. Vor allem aber an der Seite von Joshua. Ist das nicht schön?

Manicure: Hier daheim sein
Helmet: Brot, Käse, Schnaps und Schokolade aus Deutschland mitbringen (lassen)

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