Ich sitze in
einem Training über Project Cycle Management in der humanitären Hilfe. Seit 15
Minuten schwadroniert der Trainer, der von seiner Assistentin „Professor“
genannt wird, über „Workshops für Erwachsene“. Mit ist nicht klar, was das mit unserem
Kurs zu tun hat. Und da der Professor seine eigenen Regeln nicht befolgt, bin
ich vorhin mental ausgestiegen. Ich habe schon eine lange to-do-Liste
aufgestellt und eine Liste mit Dingen, die ich über Mittag erledigen will. Nun
arbeite ich den ersten Punkt meiner to-do-Liste handschriftlich ab: Blogbeitrag
schreiben! Der Professor denkt bestimmt, dass ich fleißig Notizen mache. Ha.
Fast wie früher im Gymi, als ich mit meinem guten Freund und „partner in crime“
(alias mein Schwager) in der letzten Reihe saß und für die Jungschar
vorbereitete.
(...) Wir haben
Kaffeepause. Ich schenke mir die zweite Tasse Kaffee ein. Nescafé. Bitte?!?!
Instant?! Mit mir ist es ziemlich weit gekommen, oder – ich bin ziemlich weit
gekommen in den dreieinhalb Jahren, die ich in Kenia lebe. Das fällt mir vor
allem jetzt mal wieder auf, wo ich relativ frisch von meinem Deutschlandbesuch
zurück bin. Ein paar Beobachtungen:
Nescafé trinken
Als ich neu im
Land war, habe ich mich darüber gewundert, wie wenige Restaurants gebrühten
Kaffee anbieten. Dabei wird hier doch Kaffee angebaut! Überall gibt es nur
Portionstütchen mit Nescafé oder noch schlimmerem Instantkaffee. Inzwischen
wundere ich mich zwar immer noch, aber nach meiner etwa 2-jährigen Weigerung,
Instant zu trinken, trinke ich ihn nun wie selbstverständlich und rühr mir
sogar noch ein zweites Tässchen an. Schmecken tu ich den Unterschied aber noch!
Matatu tout (Pseudo-Schaffner)
bestechen
Jetzt geht’s ans
Eingemachte. Korruption ist schlecht. Bestechen sollte man niemanden niemals.
Wenn ich aber für 40 Cent „Aufpreis“ die beiden (bis dahin besetzten)
Vordersitze im überfüllten Sammeltaxi für Liam, meine Taschen und mich kriege,
dann – tja, dann nehm ich die.
Nichts kaufen
ohne zu feilschen
Auf der Straße
einkaufen ist praktisch. Und es macht Laune – wenn die Händler Spaß am handeln
haben, was eigentlich immer der Fall ist. Wenn ich es dann schaffe, auf einen
realistischen Preis (also nicht den „Weißen-Preis“) zu kommen, fühlt sich der
Einkauf gleich doppelt so gut an. Auch wenn es nur eine Ananas ist.
Einen Tausender
wert sein
In Deutschland
ist es mir wieder aufgefallen: 10 Euro sind einerseits irgendwie viel Geld,
andererseits kriegt man nicht viel dafür. Nicht umsonst gibt es noch deutlich
höhere Scheine. In Kenia ist der größte Schein die 1.000-Schilling-Note, etwa
10 Euro (der Wechselkurs schwankt zwischen 105-100 KSH : 1 Euro). Viele Leute haben nur selten einen
Tausender in der Tasche, oft können sie auf 1.000 Schilling nicht rausgeben.
Und auch ich mache inzwischen große Augen, wenn etwas mehr als 1.000 Schilling
kostet, und frage mich zweimal, ob ich so viel Geld ausgeben kann und will. Da
hat sich mein Maßstab ganz schön verschoben. Hier mal ein paar
Lebenshaltungskosten:
1 l Milch = 0,90
Euro
1 kg lokale Bananen
= 1,10 Euro
1 kg Reis = 1,10
Euro
1 Liter von
meinem Lieblingseis = 3,80 Euro (das ist bei weitem nicht die Luxussorte)
Autoreifen
flicken = 2,50 Euro
1 Matatu-Fahrt
von uns in die Stadtmitte = 30 Cent
1 Tuktuk-Fahrt
von uns in die Stadtmitte = 2,80 Euro
1 Tag
Haushaltshilfe = 5 Euro
Zeit und Raum
flexibel handhaben
„Morgen“ ist die
Standardantwort aller Handwerker und sonstiger Dienstleister auf die Frage,
wann etwas erledigt wird. Dann wieder morgen. Und morgen wieder morgen. Morgen
kommt bekanntlich nie. Es lohnt sich auch nicht, jemanden am Telefon zu fragen,
wo er ist. Wenn man vor 10 Minuten verabredet war, ist er ganz bestimmt schon
direkt um die Ecke. Aber nach 20 Minuten immer noch nicht da. Leider falle ich
auf diese Spielchen immer wieder rein und ich habe auch immer noch nicht so
ganz verstanden, warum alle Kenianer das so unbeschwert spielen.
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