Dienstag, 17. April 2012

Die schwarzen Massai

Vor einiger Zeit haben wir eine Reise in den Süden des Landes gemacht, in das Massai-Land. Eines unserer humedica-Projekte hat uns dorthin geführt, eine Lebensmittel-Verteilung an von der Dürre betroffene Familien.

Meine ungebildete (weil nicht durch eigene Erfahrungen geprägte) Meinung über die Massai war durch die gegen Geld hüpfenden Touristen-Massais und das Hofmann-Buch „Die weiße Massai“ etwas negativ vorbelastet. Ich finde das Buch (und die Autorin, wenn ich das hier mal so offen sagen darf) einfach gnadenlos doof. Das finde ich auch heute noch, aber mein Bild der Massai ist etwas differenzierter.

Ich versuche auf unseren Reisen immer, vor allem mit den Frauen in Kontakt zu kommen. Das war mit den Massai-Frauen ein wunderbares Erlebnis! Wir haben uns erst eine ganze Weile angeguckt und angelächelt. Als das erste Baby Vertrauen zu mir gefasst hatte, war der Bann gebrochen: Wir haben gelacht, gespielt, verschiedene zumindest für mich ungewohnte Sitzweisen ausprobiert und uns mit Händen und Füßen unterhalten. Die Damen haben mir ihren Schmuck umgelegt und mir beigebracht, dass es viel schöner aussieht, wenn man seine Armreifen auf beide Handgelenke verteilt, so wie sie das tun (wobei ich das zurück in Nairobi nur noch selten mache). Sie haben versucht, mir ihr sensationelles Hüpfen beizubringen, die Grundbewegung für jeden Tanz. Das geht irgendwie vom Steiß aus und bewegt sich dann in einer eleganten Wellenbewegung durch den Körper nach oben, bis die Schultern hüpfen und die Füße gleichzeitig vom Boden abheben. Zumindest bei den Ladies war das elegant, bei mir sah es einfach nur bescheuert und zum Lachen aus. Was auch alle hemmungslos getan haben.


Es sind schöne Frauen, mit ihrem farbenfrohen Schmuck und den bunten Tüchern. Ihr Leben ist allerdings weniger schön. Massive Beschneidung von kleinen Mädchen ist noch ganz normal. Kaum eine, die beschnitten ist und schon als Kind an einen Mann versprochen, schafft den Sprung in ein besseres, zivilisiertes Leben. Kaum eine schafft eine Bildung über die Grundschule hinaus, und selbst das noch mit schwachen Noten. Was bestimmt nicht an der Intelligenz der Mädchen liegt. Zuviel anderes haben Mädchen und Frauen auf ihrem Tagesplan: Feuerholz sammeln, Wasser holen, kochen, fegen. Um die Gunst des Mannes buhlen, der noch eine bis vier weitere Frauen hat. Ziegen hüten, Schmuck anfertigen, die Grashütte ausbessern.

Über Semeyian habe ich auf der humedica-Website berichtet. 

Überhaupt die Grashütte: Ein fürchterliches Zuhause. Stockduster ist es, zu niedrig um drin stehen zu können, links eine Lederhaut als Bett über Äste gespannt, in der Mitte ein wenig Raum für die Feuerstelle, rechts wieder eine Lederhaut. Wenn da drin einer hustet, haben alle Tuberkulose. Und selbst wenn Zeit wäre für Schulaufgaben: Wo sollten die ordentlich gemacht werden?

Das Bett - entweder für alle Kinder, oder für die Erwachsenen.

Wir haben viel diskutiert auf der Rückfahrt, warum die Massai leben, wie sie leben und offensichtlich wenig Interesse an einer Weiterentwicklung haben. Man sagt ihnen nach, dass sie genauso stolz wie stur sind. Sie wollen immer noch als Viehhirten leben, aber die meisten Tiere sind seit der langen Trockenheit verhungert. Für die noch bestehenden Herden gibt es kaum Weideland, und schon gar kein Nomadendasein, da viel Land inzwischen für ein wenig schnelles Geld verkauft und vom neuen Besitzer eingezäunt wurde.

So richtig zu einem Schluss gekommen, wie das mit den Massai in den nächsten Jahrzehnten weitergehen kann, sind wir nicht. Ich würde einfach nur jedem Mädchen und jeder Frau die Privilegien (oder vielmehr Rechte) wünschen, die mir geschenkt wurden: Selbstbewusstsein, Rückhalt und Mut zum Hinfallen und wieder Aufstehen, und die Freiheit mitsamt der Möglichkeit, den eigenen Weg wählen zu dürfen.

Manicure: Hüpfen und lachen und kurz mal alles andere vergessen
Helmet: Das mit den Ohrlöchern gar nicht erst anfangen!


2 Kommentare:

  1. Katja, diese Bilder sind großartig! Liebe Grüße aus Stuttgart

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