Montag, 28. Oktober 2024

Kuchen über Kuchen

In den letzten Monaten hatte ich irgendwie keine Muße zum Blog schreiben... aber die Geburtstage von Matis und Noel will ich doch festhalten.

Zuerst das Septemberkind Noel: Der (nicht mehr) Kleine ist 7 
Noel hat ein hartes Jahr hinter sich. In der Kisumu Junior Academy ging’s ihm einfach nicht gut: Klasse zu voll und zu laut für ihn – so einen Aufruhr mochte er noch nie, Lehrer wenig bereit, ihn auf seinem Lernniveau abzuholen, lange Tage. Über die Sommerferien haben wir entschieden, ihn zu Rainbow Kindercare zu bringen – der Kindergarten mit Grundschule, wo früher die Großen war. Und es tut ihm so gut! Ich bin so dankbar, wie er sich da innerhalb weniger Wochen entwickelt hat. Mein schüchterner Bub spricht mutig andere Eltern an, trägt Gedichte mit viel Elan und Ausdruck vor, und meistert die Hürden zum Lesen lernen! Ganz stolz hat er sogar schon eine Urkunde dafür bekommen, wie sehr er sich in kurzer Zeit verbessert hat. Das zeigt so deutlich, wie wichtig die Lernumgebung für Kinder ist, was für einen Unterschied es macht, wenn sie sich wohlfühlen und mit ihrer Persönlichkeit und ihrer Entwicklung gesehen werden. Gleichzeitig macht es mich traurig für all die Kinder in pädagogisch rückständigen Schulen in Kenia, wo Schläge noch an der Tagesordnung sind und wo Kinder, die mehr Freiraum oder Zeit oder andere Lernmethoden bräuchten um sich zu entwickeln, als dumm abgestempelt werden. 
Und sonst? Lässt sich Noel von seinen großen Brüdern absolut nichts mehr vormachen, fordert seine Redezeit am Tisch lautstark ein, macht nicht, was ihm unsympathisch ist und ist immer bereit, mit anderen zu teilen. Er ist gut im Freundschaften schließen und würde am liebsten immer irgendwo bei Freunden übernachten. Gleichzeitig spielt er auch gerne noch die „Babykarte“ und wird weinerlich-dramatisch, wenn ihm etwas nicht in den Kram passt. 
Noel, du bist lustig und liebevoll und so lernbereit, bewahr dir das für immer!

Immer noch findet die erste Party allerspätestens morgens um 6:15 gleich nach dem Aufwachen statt

Noels Urkunde "für große Fortschritte im Lesen"

Ein glücklicher und stolzer Moment im Porsche-Museum in Deutschland

Kindergeburtstag am Pool - macht immer Laune! 


Dann im Oktober Matis: 9 Jahre alt
Eins blieb bei Matis konstant über das letzte Jahr: Er will immer noch Fußballer werden und trainiert im Verein fleißig dafür. Zu seinem großen Glück ist er auch in der Schule in eine Auswahlmannschaft aufgenommen worden – das ist gut, weil alles andere an der Schule findet er zurzeit reichlich blöd. Seit unserer Deutschlandreise im Sommer würde er sowieso am liebsten in Deutschland leben und ist überzeugt, dass das Leben und sogar die Schulen dort viel besser sind (womit er höchstwahrscheinlich recht hat, aber schreiben und Hausaufgaben machen muss man halt überall). 
Innerhalb der Familie ist es immer noch Matis‘ Spezialität, seine Brüder bis zur Weißglut zu reizen. Er hat ein sehr gutes Gespür dafür, was wen triggert, und aufhören ist ein Fremdwort... aber natürlich nicht nur, er gibt 
auch sowohl mit Noel als auch mit Liam ein gutes Team ab. Zum Geburtstag hat er ein Fahrrad bekommen, und nun machen sich die beiden Großen immer mal allein mit den Rädern über die staubige Buckelpiste in Mamboleo auf den Weg zum Stadium oder zum Kiosk, Süßkram kaufen. Eine Freiheit, die in Deutschland selbstverständlich ist, und die wir im Sommer sehr genossen haben, hier aber wegen des wilden Verkehrs und Sicherheitsfragen gar nicht so einfach. Außerdem beschäftigt er sich nach wie vor gerne mit Zeichnen und Malen, und sammelt fleißig Sternchen in seinem Kunstheft in der Schule.
Matis, deine Kreativität und dein Wille, alles probieren und machen zu wollen, begeistern uns! 

Matis hat sich einen Kuchen aus "nur Sahne" gewünscht... konsequenterweise hat er den Kuchen stehen lassen und nur eine Schüssel Sahne geschleckt 

Fußballparty als Kindergeburtstag, was sonst?! Zusammen mit seinem Freund Toby, der auch 9 wurde. War ein tolles Fest! 
 
Auf dem Weg ins Stadium zum Fußballtraining. Den Staub finde ich ja schon im Auto unerträglich, aber sie radeln tapfer mittendurch. 

Beim Training

Manicure: Sich mit den Jungs an der Magie des Geburtstags freuen
Helmet: 4 x Geburstagskuchen innerhalb von 2 Wochen (2 x Geburtstag und 2 x Kindergeburtstag) 

Sonntag, 14. Juli 2024

Ferien!

„Wirf die Mappe in die Ecke, Bücher, Atlas, Lineal...“ – das singt heutzutage wahrscheinlich kein Mensch mehr, oder zumindest nicht meine Kinder, aber mir schwirrt das Lied sofort im Kopf rum, wenn die Sommerferien anfangen!

Dieses Jahr haben wir alle sehnsüchtigst auf die großen Ferien gewartet, mich eingeschlossen. Irgendwie war alles viel, Liam hatte seine großen Prüfungen zum Abschluss der „Junior-“ Schulzeit, dann kamen noch die Proteste gegen die korrupte Regierung und spontane Schulschließungen aus Sicherheitsgründen dazu, die teilweise erst am spätem Abend vorher angekündigt wurden. Zwischendurch Stress mit Lehrern, die der Meinung sind, dass körperliche Züchtigung in der Schule ok ist, oder ein immer in letzter Minute fehlendes Einzelteil irgendeiner Schuluniform (jeder trägt im Laufe der Woche drei Varianten! Viel zu kompliziert. Hat schon einen Grund, warum ich am Morgen am liebsten ein Kleid überwerfe und zack, fertig.). Alles reichlich nervig und gegen Ende anstrengend. 

Egal, es ist geschafft! Unsere drei Jungs haben das erste Jahr in der internationalen Schule mit britischem Lehrplan gut gemeistert. Die Zeugnisse haben wir noch gar nicht angeschaut, denn die Noten finde ich gar nicht so wichtig. Sie haben ihr Bestes gegeben, sich gut in die viel größere Schule in der Stadt eingewöhnt, neue Freundschaften geschlossen, sehr viel aufgeholt, was im kenianischen Lehrplan nie behandelt wurde, und sich ansonsten irgendwie durchgewurschtelt. Dazu Musikunterricht, Fußballverein, und immer noch Zeit zum Freunde treffen hier und da. Ein volles Schuljahr! Mit ganz viel Freude und Glück und Dankbarkeit. 

 

Für Liam geht’s nächstes Schuljahr in der „Kisumu Senior Academy“ weiter, nach der 6. Klasse steht im britischen Schulsystem ein Wechsel an. Zum Glück ist die Schule auf dem gleichen Gelände wie die „Kisumu Junior Academy“, das erleichtert den Fahrdienst. Bei Noel sind wir am Überlegen, ob er ein Jahr zu Rainbow Kindercare darf, wo die Jungs alle im Kindergarten waren und die inzwischen auch Grundschulklassen haben. Noel ist etwas gemütlicher unterwegs, was das Lesen und Schreiben lernen angeht, und wir haben das Gefühl, dass er bei Rainbow besser gefördert werden würde. 


Liam hat bei der Abschlussfeier in der Schule die Ostafrikanische Nationalhymne auf dem Schlagzeug begleitet.


Eine richtig schöne Ehrung gab's für die Sechstklässler!


 

Nach der Abschlussfeier am Freitag sind wir direkt mit einer großen Gruppe Freunde in ein nettes Strandrestaurant am See gefahren um den letzten Schultag zu feiern. Der Spaß tat uns allen gut!  


Unsere "Dorfgemeinschaft" . lauter liebe Freunde. 

 

Manicure: Letzter-Schultag-Party

Helmet: Tschau Kakao, wir fliegen in den Ferien nach Deutschland!   

Sonntag, 5. Mai 2024

Land unter

Seit ein paar Tagen ist es auch in Deutschland in den Nachrichten angekommen: Die Regenzeit in Kenia ist extrem stark, El Niño wütet, und mehr und mehr Dörfer, Stadtgebiete und Landstriche stehen unter Wasser. 

Entwarnung für uns persönlich vorweg: Bei uns in Mambeleo regnet es zwar auch heftig, aber bei uns bleibt das Wasser außer in den üblichen Dauerpfützen/-tümpeln nicht stehen. Wir können die Straßen vermeiden, die nicht passierbar sind, unser Haus steht auf dem Trockenen und bis auf eine knöchelhoch überflutete Veranda hatten wir noch keine Schwierigkeiten. Ins Haus rein führt wohlgeplant von der Veranda eine kleine weitere Stufe, so dass nichts ins Haus floss. Das teilweise marode Dach haben wir vor ein paar Monaten mit neuem Wellblech ausgebessert. 

 

Die Hauptstraße durch Mamboleo - am Morgen immer ordentlich matschig, am Nachmittag wie hier schon wieder fast getrocknet.


Ich will jetzt gar nicht von schlechter Stadtplanung, zugemüllten Kanälen, maroden Dämmen und Brücken und der anscheinend ahnungslosen Regierung erzählen, das steht ja alles in den Nachrichten. Leider ist es wirklich so schlimm wie überall berichtet. Freunde aus Nairobi schicken mir Fotos von überfluteten Straßen, durch die sie irgendwie durchmüssen. Immerhin konnten sie einen Notfallvorrat anlegen und sind in ihrem Haus noch sicher. Wir hatten diese Woche Besuch von anderen Freunden, Gaby und Familie, auch aus Nairobi. Sie wollten ihren Sohn zurück ins Internat hier in Westkenia bringen. Nun fahren sie wieder mit ihm nach Hause, alle kenianischen Schulen sind auf unbestimmte Zeit geschlossen. Entweder sind sie überflutet, Sanitäranlagen unbenutzbar, oder sie sind zu Notunterkünften für Menschen umfunktioniert wurden, die ihre Häuser verloren haben. Gaby erzählte, dass ihr Nachhauseweg heute nach 30 km unterbrochen wurde, da die Brücke über den Fluss Nyando in Ahero (wo Joshua berkommt) überflutet war. Entfernte Verwandte von Josh haben dort mitten in der Nacht im Wohnzimmer Wasser geschippt. Also hieß es für Gaby und Familie zurück nach Kisumu und warten, bis die Brücke wieder passierbar ist. Unsere Kinder sind auf einer internationalen Schule, die (wirklich Gott sei Dank) weiterhin unterrichtet. Die drei Kinder meiner Haushaltshilfe nicht, sie war gestern echt geknickt: Das Schulgeld ist bezahlt und anstatt im hier üblichen Internat versorgt zu sein, sitzen die jugendlichen Kinder nun zuhause. Geld für weitere Esser über Wochen war nicht eingeplant, außerdem hat der Große im November Abschlussprüfungen und verliert nun wichtige Unterrichtszeit. Wir können nicht viel tun, außer sie regelmäßig mit Eiern und Maismehl für das hiesige Grundnahrungsmittel Ugali nach Hause schicken. Schulbücher haben sie keine Zuhause, also habe ich mit unserer Stadtbücherei organisiert, dass sie alle zusammen mit jeweils einem gleich alten Freund kommen dürfen und dort lernen, wo es Bücher für alle Fächer gibt. Es ist fast peinlich, wenn man sieht, wie dankbar sie ist, und für uns war es nur ein Anruf und die kleine Gebühr von 15 Cent pro Kind und Tag und ein paar Euro für Snacks.  

 

Straße, nicht Fluss... der kleine Kindergarten rechts steht trotz Sandsäcken unter Wasser, man sieht, wie sich die Tür spiegelt.


Ein beliebter Biergarten am See. Trotz Blockade mit Sandsäcken und Reifen steht das Wasser hier seit Tagen. 

Der Viktoriasee hat deutlich mehr Wasser als sonst (auch als in anderen Regenzeiten), dazu kommt, dass die Stürme große Wellen ans Land gespült haben. Das Wasser steht nun weit im Land und kann oft nicht zurückfließen. Und es soll noch mehrere Tage stark regnen. Keine guten Aussichten. 

 

Manicure: Helfen, wo’s geht

Helmet: Lebensmittel verteilen und selbst einen Vorrat anlegen 

Dienstag, 23. April 2024

Tiefgang am Viktoriasee

Ich bin so glücklich und vielleicht auch ein bisschen stolz, dass es unsere „afrikanische KiBiWo“ nun schon im dritten Jahr gab – und dass sie damit zur festen Institution einmal im Jahr wird! So viel Fröhlichkeit, so unterschiedliche Kids und Mitarbeiter aus so vielen Nationen an einem Ort ist was ganz Besonderes. 

Besonders beliebt waren unsere Teens als Mitarbeiter!


Wir haben ein bisschen gebibbert vor der Woche Mitte April: Schon da waren schwere Regenstürme angesagt, und da wir das ganze ja als kleines Team der Ladies Bible Study (Hauskreis für Frauen) organisieren und kein Gemeindehaus oder sowas haben, sind wir auf das offene Zelt angewiesen, dass wir wieder im ehemaligen Kindergarten unsrer Jungs aufgebaut haben. Ein Regenschauer wäre trotz unseres Mottos „Tief eintauchen in Gottes Wort“ etwas unangenehm gewesen... Wunderbarerweise war das Wetter bestens und das Zelt nur zum Sonnenschutz notwendig! 

 

  


  


Ganz besonders freut mich, dass hier in Kisumu auf eine besondere Art das weiterwächst, was im CVJM und der Kirche Ruit damals vor, ööhhm, ein paar Jahrzehnten begonnen hat. Ich habe so gute Erinnerungen an die KiBiWos, an denen ich selber teilgenommen habe. Und nun haben Ruiter Freunde, CVJM und Gemeinde wieder gespendet, damit wir hier solche Tage anbieten und den Kids in ihrem zwar oft christlich geprägten, aber oft strengen schulischen Alltag zeigen können, dass ein Leben mit Jesus mit ganz viel Freude und Spaß einhergehen kann. Dafür bin ich so dankbar! 80 kenianische, indische, britische, holländische, finnische, deutsche, amerikanische und in verschiedenen Kombinationen gemischte Kinder aus ganz unterschiedlichen sozialen Hintergründen waren mit dabei. Ein kleiner Junge fragte mich am ersten Tag: „Darf ich jetzt immer, jeden Tag kommen? Es ist so toll hier!“  

 

Manicure: Die gute Laune der Kiddos

Helmet: Wie immer, Kaffee!  



Holly ist eine meiner besten Freundinnen hier und hat die KiBiWo mit mir geleitet.


Montag, 22. Januar 2024

Zwischen den Jahren

Weihnachten ist hier immer noch anders als „daheim“, aber inzwischen anders schön. Wir hatten einen deutsch-schönen Heilig Abend (Kirche, Geschenke, lecker Abendessen, wenn auch alles ohne „schick anziehen“) und einen kenianisch-schönen 1. Weihnachtsfeiertag (diverse Verwandte, grillen im Guesthouse, kenianischer Rhumba-Mix, lautes Palaver). Ich bin so dankbar, dass wir gelernt haben, uns das so einzurichten, wie es für unsere Familie passt und uns glücklich macht!  

Wir haben den Trend mit den Rosmarin-Bäumchen ausprobiert, hat so semi geklappt.


Weihnachtsspaziergang mit Matsch, nach wie vor sehr beliebt

Zwischen Weihnachten und Neujahr bleibt ja immer so ein bisschen die Zeit stehen. Es wird sogar gemunkelt, dass „zwischen den Jahren“ eine Art Bermudadreieck oder schwarzes Loch ist, wo es einfach nichts mehr gibt. Man muss nichts müssen, Zeit ist nicht wichtig, abhängen erlaubt. Das haben wir genutzt, um ein paar Tage nach Jinja, Uganda, abzuhauen. Der Nil, der sich mit dem Amazonas um den Titel des längsten Flusses der Welt streitet, fließt dort aus dem Viktoriasee Richtung Mittelmeer. Unser Ferienhäuschen war ein paar Kilometer flussaufwärts (oder -abwärts? so grob Richtung Ägypten eben), in der Anlage war ein Pool – Jungs also von früh bis spät nass und glücklich – und ich habe den Blick auf den Nil genossen. Einfach wohltuend. Josh hat doch tatsächlich das Glück gehabt, ein Halbtags-Scrabble-Turnier in Jinja zu finden und kam so auch auf seine Kosten. 



Die beiden Großen und ich haben einen Vormittag was ganz besonderes unternommen: „Tubing on the Nile“ – sich auf einem Lastwagenschlauch den Nil runtertreiben lassen. Ich liebe ja seit meinen Berliner Badesee-Zeiten das Schwimmen in natürlichen Gewässern. Vielleicht fing das auch schon in den Familienurlauben im Waldachtal an, da sind wir immer zum Tumlinger See, samt Schlauchboot und Lumas. Schöne Erinnerungen werden da wach! Aber zurück nach Afrika. Der Schlauch-Abenteuer-Anbieter hat uns versichert, dass es in der Gegend weder Nilpferde noch Nilkrokodile gibt. In die Schläuche ist ein simples Netz geflochten, so dass man tatsächlich drauf sitzen kann. Ein Guide hat uns im Kajak begleitet, uns gesagt, wo wir raushüpfen und schwimmen können und uns zu einer kleinen Höhle am Ufer rübergeschleppt, in die wir reinklettern, Fledermäuse gucken und wieder runter ins Wasser springen konnten. Das waren zwei wirklich glückliche, total entspannende Stunden!  


 





Manicure: sich auf dem Nil treiben lassen

Helmet: Ganz entspannt um 23:50 ins Bett gehen, dem Mann um Mitternacht kurz „Happy New Year“ wünschen und dann schlafen...

Montag, 18. Dezember 2023

Fünf Monate Rückschau

Da bin ich nun selber kurz erschrocken, als ich in meinen Blog geschaut und festgestellt habe, dass der letzte Post fast ein halbes Jahr her ist. Aber es ist Advent, unser Alltag ist endlich entspannter und ich lasse mich von nichts mehr aus der Ruhe bringen. Die Kinder haben seit Anfang Dezember Ferien – was natürlich den Zustand „Ruhe“ gleich wieder relativiert. Die ersten Tage war die Aufregung über den Adventskalender so groß, dass die Jungs fast noch früher als zur Schulzeit aufgestanden sind. Das hat sich dann zum Glück etwas gelegt. Nun haben aber die beiden Großen jeden Morgen Ferienfußballtraining, und ich fahre in der Zeit mit Noel zur Bücherei, wo er mit einer sehr netten Bibliothekarin Lesen und Schreiben übt, da ist er im Vergleich zu den Kids in seiner Klasse weit hinterher. Das Thema Schule ist aber eine andere Geschichte, die erzähle ich später...

Noel hat immer Spaß mit Miss Nancy! 

Also ein kleiner Rückblick: Kurztrip im August, dann Schulstart im britischen Lehrsystem, Noels Geburtstag im September, Matis Geburtstag im Oktober, Besuch von Stephan, Albert und Alice Ende Oktober, Freunde-Wochenende im November. Fröhliches Scrollen!

 

Kurze Auszeit 

In den zwei Wochen Ferien, die uns mit den unterschiedlichen Schulkalendern zwischen alter Schule und neuer Schule blieben, sind wir vier Tage in den Kakamega Regenwald gefahren. Das ist nur eine gute Stunde von uns weg und man kann dort wunderbar wandern. Wir durften im Haus von Freunden wohnen und haben zwei schöne Touren gemacht. Unzählbar viele Schmetterlinge in allen Farben, ein aufregender Wasserfall, ein riesengroßer Baum, Perlhühner und viel mehr gab es da zu entdecken. Die kurze Auszeit tat uns sehr gut! 


Keine Sorge, das ist nur die abgestreifte Haut einer Schlange...

 






Schulwechsel

Die Jungs sind alles in allem gut angekommen in der Kisumu Junior Academy. Freunde da zu haben ist einfach super! Es war aber wie erwartet ein harter Wechsel, was den Lehrplan angeht. Noel ist im Vergleich zu seiner Klasse weit hinterher, er ist in „Year 1“, und da können alle schon lesen und schreiben. Das demotiviert ihn sehr, und da er sowieso lieber rumläuft als in der Klasse sitzt, haben wir die ersten Wochen erstmal geübt, stundenweise und immer länger in der Klasse zu bleiben. Das klappt jetzt besser, aber immer noch nicht mit allen Lehrer*innen. Noel marschiert dann los und setzt sich zu irgendeinem*r Freund*in einer älteren Klasse an den Tisch... er hat auch selbstständig beschlossen und mit der Lehrerin vereinbart, dass er in die Parallelklasse will, weil seine Klasse ihm zu laut war. Immerhin weiß er, was ihm guttut! 

Matis (Year 4) nimmt den Wechsel am leichtesten, er ist fix im Schreiben und macht sich nichts draus, wenn er was nicht weiß. Er fragt dann oder auch nicht und macht weiter mit dem, was er kann. Für Liam (Year 6) ist es schwer. Die Lücken, die er vom kenianischen System mitbringt, sind einfach groß, ganz viel Stoff in Mathe, Englisch, Französisch hat er noch nie gemacht. Und da er sehr langsam schreibt, kommt er meist nicht hinterher mit allem, was von der Tafel abzuschreiben ist. Das ist leider auch in der „internationalen Schule“ noch reichlich altmodisch, da wird abgeschrieben, was das Zeug hält und fleißig auswendig gelernt. Und die Menge an Hausaufgaben lässt auch mich mit den Ohren schlackern, dabei kommen wir ja frühestens gegen 16:30 Uhr nach Hause (und verlassen zehn nach 7 Uhr das Haus, um 07:30 in der Schule zu sein). Auch altmodisch sind die pädagogischen Methoden... da wird noch an den Ohren gezogen, in den Arm oder die Wange gekniffen, gekniet, gegen die Wand gestanden, mit Nadel piksen gedroht und ähnliches. Ich saß deswegen schon mehrere Male beim Rektor, der sehr nett und aufgeschlossen ist, aber auch etwas hilflos scheint. Er hat mich dann eingeladen, ein Vortragsgespräch mit allen Lehrer*innen zu halten, wo ich über „Positive Discipline“ (Kinder mit positiver Verstärkung statt (körperlicher) Bestrafung, aber durchaus mit Konsequenzen für schlechtes Verhalten erziehen) geredet und diskutiert habe. Leider herrscht hier oft noch der Glaube vor, dass „afrikanische Kinder geschlagen werden müssen“, damit sie lernen und gehorchen. Es gibt genug Familien, die das absolut in Ordnung finden und die Lehrer’innen dazu ermutigen, und die Lehrer*innen kennen es von Zuhause auch nicht anders. Da sind wir mindestens 60 Jahre im Vergleich zu Deutschland zurück. Ich könnte dazu noch sehr viel schreiben, weil es mich natürlich sehr bewegt – wen es interessiert, sprich mich gerne darauf an!


Das obligatorische 1. Schultag-Foto


Noel wurde 6! 

Und hat seit neustem kurze Haare! (Am Geburtstag im September noch nicht.) Damit sieht er gleich ein paar Jahre älter aus; ehrlich gesagt habe ich kurz gedacht, er wäre Matis, als er vom Friseur nach Hause kam. Nun habe ich definitiv keine Kleinkinder, sondern nur noch Kerle im Haus. Er benimmt sich auch jeden Tag mehr wie ein junger Wilder... hat keine Angst, mit seinen großen Brüdern einen Kampf anzufangen, erzählt genauso viele und ausführliche Geschichten, hat eine eigene Meinung zu allem. Gleichzeitig ist er, wie die beiden andern auch, jederzeit zum Kuscheln aufgelegt. Sein Deutsch ist nach wie vor ein totales Kauderwelsch – aber er gibt sein Bestes, und das zählt! Wir haben es endlich geschafft, die Fahrräder (mal wieder, halten nicht lange auf den holprigen Straßen) zu reparieren, und wo Noel noch vor einem Jahr Bammel hatte und es nicht mal probieren wollte, ist er nun einfach aufgestiegen und losgefahren. Jetzt kriegen wir ihn kaum mehr runter von seinem Rädle, bei jeder Gelegenheit dreht er eine Runde. Zeigt mal wieder, dass Kinder die Dinge zu ihrer Zeit schon lernen. 




Und Matis wurde 8! 

Er träumt davon, ein berühmter Fußballer zu werden. Jeden Samstag Vormittag und Sonntag Nachmittag geht’s zum Stadion bei uns in Mamboleo, wo sie mit einem Verein trainieren, und jetzt in den Ferien jeden Morgen. Darum spart er auch eisern auf eine PS irgendwas mit FiFa was-weiß-ich, um dann auch noch am Fernseher Fußball spielen zu können. Seit neustem meint er, am Morgen Kaffee zu brauchen, weil er die aufgeschäumte Milch so lecker findet. Ich habe ihm natürlich gerne beigebracht, wie man die große Espressomaschine bedient, schließlich lasse ich mir gerne ab und zu einen Cappuccino bringen. Er bekommt dann ein paar Tropfen aus dem bereits einmal durchgelaufenen Espressosatz oder koffeinfrei – was seiner Begeisterung keinen Abbruch tut. Matis ist auch sonst weiterhin mein begeisterter Küchenhelfer, der sich auch selber mal ein Omelett macht, wenn der Hunger zu groß und die Mama-Küche bereits geschlossen hat. 




Der wahre Profi kann auch barfuß Fußball spielen! :-)

Besuch aus Deutschland

Das absolute Highlight im letzten halben Jahr - vielmehr im ganzen Jahr! - war ganz klar der Besuch von meinem Bruder Stephan und seiner Familie. Wunderwunderwunderbar, die die drei hier zu haben. Wir haben eine klasse Tour von Nairobi nach Naivasha, über die Massai Mara bis nach Kisumu gemacht, und die Urlauber sind dann noch ein paar Tage weiter an die Küste, um sich von den Ogolas zu erholen ;-) Ich kann gar nicht erzählen, und versuche es deswegen erst gar nicht, was wir alles an lustigen Spielen und Scherzen der Kusine/Cousins, an tollen Tiersichtungen, an interkulturellen Aha-Momenten und einfach gemeinsam genossener Zeit hatten. Ich bin enorm dankbar und denke sooo gerne dran zurück! Und den Jungs geht es genauso, da kommen immer wieder Bemerkungen wie "Alice hat abc gesagt.... Albert hat xyz gemacht..." (über die Details legen wir hier den Mantel des Familienschweigens, das war natürlich nicht immer tisch- oder gesellschaftsfein, aber herrlich lustig).   







Freunde-Wochenende

Schon zum dritten Mal waren wir mit vier befreundeten Familien übers Wochenende in einem Haus mit Pool außerhalb von Kisumu. Es ist jedes Mal so schön – die Kids sind von früh bis spät im Pool, ich immer nur kurz wenn die Kids grade mal nicht drin sind ha ha, wir essen gut (Essensplanung, Einkauf und bestimmte Beilagen vorab vorbereiten machen wir, und dann haben wir einen Koch, der für uns die Mahlzeiten zubereitet – Dienstleistung ist in Kenia nach wie vor sehr günstig!), wir spielen, führen gute Gespräche und genießen einfach die Zeit miteinander. Wenn man nicht in der Heimat ist, tut so ein selbst gewähltes „Dorf“ enorm gut! 


Unser kleines Dorf... zumindest ein Teil davon, wir sind in Kisumu ja reich beschenkt mit Freunden!

 

Manicure: Jetzt mal halblang machen

Helmet: Auch in heißen Phasen runterschalten nicht vergessen