Montag, 22. August 2022

Aufatmen nach der Wahl

Großes Aufatmen. Die Wahlen in Kenia sind vorbei, und alles in allem lief es friedlich ab. Der Präsident wurde gewählt, die Nationalversammlung und der Senat sowie die politischen Vertreter in den 47 Counties (ähnlich unserer Bundesländer, nur kleiner). 

 

Großes Aufatmen, weil das Leben nun wieder seinen halbwegs gewohnten Gang nehmen kann. Wahlen sind hier kein entspannter sonntäglicher Spaziergang zur Wahlurne, sondern gingen in der Vergangenheit leider mit wochenlangen Unruhen, Straßenkämpfen, mysteriös verschwundenen Politikern und dergleichen einher. Im Vergleich zu vor fünf Jahren war es aber wirklich sehr ruhig, im Vorfeld und in der Wahlwoche gab es kaum Proteste. Nur einmal hatten wir brennende Reifen (Demonstranten) und Tränengas (Polizei), als der Präsident letzten Montag verkündet wurde – es wurde nicht der Kandidat, den sich die Menschen hier in der Gegend erhofft hatten. Sogar die Wahlkommission hat sich live im Fernsehen geprügelt, weil sie sich nicht einig waren, ob nun bei der Auszählung alles mit rechten Dingen zuging. Das war der Moment, wo ich vorsichtshalber in Windeseile ein paar herumliegende Klamotten in Einkaufstaschen gestopft und mit den Jungs das Haus verlassen habe, um über Schleichwege zu lieben Freunden zu fahren, die oben in den Hügeln etwas abgelegener und damit geschützter wohnen. Sicher ist sicher. Dann regnete es später am Abend wie verrückt – das hat die protestierende Bevölkerung schnell nach Hause getrieben und die Feuer gelöscht. Ein Geschenk des Himmels. Zwei Tage später waren wir wieder Zuhause, alles war in Ordnung, und wir konnten in Ruhe die vorsichtshalber angelegten Vorräte aufessen. Inzwischen haben auch die Supermärkte wieder offen, die sowohl geplant am Wahltag als auch flugs am Tag der Bekanntgabe ihre Pforten geschlossen haben, um ihr Eigentum vor Plünderern und Randalierern zu schützen. 

 

Das ist alles, was wir bei unserer Rückkehr nach Hause auf der Hauptstraße in Mamboleo von den Protesten gesehen haben: Die Überreste von verbrannten Reifen.


Großes Aufatmen auch hier im Haus, weil die Kinder nun wieder in die Schule gehen können. Eine Woche vor der Wahl, die an einem Dienstag stattfand, und über eine Woche danach waren die Schulen dicht. Ursprünglich geplant waren ein paar Tage, aber dann hat der Bildungsminister mal eben verkündet, dass wortwörtlich von einem Tag auf den anderen die Schulen geschlossen werden, und aus Sicherheitsgründen danach auch gleich nochmal länger. Planung oder mal mitdenken, wie arbeitende Eltern das organisieren sollen, ist wohl nicht deren Stärke. 

 

Am ersten Schultag hatten wir das große Glück, eine Schildkröte auf dem Weg zu sehen.


Zu Ende ist die Präsidentengeschichte noch nicht, die Opposition zieht vors Gericht, um das Ergebnis anzufechten. Wir werden sehen. Die meisten Leute in Westkenia kämpfen finanziell schwer, es reicht bei vielen nicht für die Schulgebühren, die Lebensmittelpreise sind rasant gestiegen, Gas, Benzin, alles. Deswegen haben sie keine Zeit und keine Energie, tagelang auf der Straße zu protestieren, Steine zu werfen und dabei zu riskieren, von der Polizei geschnappt zu werden. Sie gehen lieber ihrer Tagelöhnerei nach – und das ist in jeder Hinsicht besser so.

 

Manicure: Ungeplante Freundinnenzeit   

Helmet: Eine gut gefüllte Vorratskammer 

Mittwoch, 10. August 2022

Schachmatt

Es ist Wahlwoche in Kenia. Der Präsident und das Parlament werden gewählt, und so steht das ganze Land mehr oder weniger still. Die Schulen waren sogar schon letzte Woche zu. „Schule zu“ löst seit Covid ein leichtes Panikgefühl in mir aus. Die verrückte Idee des kenianischen Bildungsministeriums, nach der verpassten Zeit drei Schuljahre in zwei Kalenderjahre zu packen, ist in der Umsetzung nach wie vor der Wahnsinn, vor allem da trotzdem ständig Ferien sind und nun dank der Wahlen nochmals fast zwei Wochen.   


Zu allem Überfluss ist ein Schachturnier ausgefallen, weil das Bildungsministerium in Vorbereitung auf die Wahlen alle Schüler buchstäblich von einem Tag auf den andern nach Hause geschickt hat und somit nichts mehr stattfinden darf. Als ob man das nicht schon länger gewusst hat, dass die Wahlzentren in den Schulen eingerichtet werden müssen?! Mein Schach-Champion Matis war dermaßen enttäuscht, dass ich ihm spontan angeboten habe, ein Mini-Schachturnier bei uns Zuhause mit seinen Schulfreunden hier aus der Gegend zu organisieren. Das ist ein ruhiges Spiel, dachte ich mir, die spielen ein paar Runden, so 2-3 Stunden alles in allem, ich checke zwischendurch den Stand und kann ansonsten in Ruhe mein Ding machen. Die Vorbereitung ging zack-zack, der Schachlehrer hat sich netterweise bereit erklärt, die Spieler-Paarungen mit seinem Schachprogramm vorzubereiten und der Aufwand für Pommes zu Mittag hält sich auch in Grenzen, das bringt ein Motorradtaxi für kleines Geld. Danach gehen alle heim. Easypeasy. Soweit der Plan. 

 

Offensichtlich habe ich nach neun Jahren mit Kind(ern) immer noch nichts gelernt. Hier ging der Punk ab. Von halb zehn bis drei Uhr nachmittags, schlappe 5,5 Stunden mit 5 Spielrunden, einer Teepause, Mittagessen und Siegerehrung. Was sechs fröhliche, (nicht nur Schach-) spielbegeisterte Kinder, die seit einer Woche gelangweilt zu Hause sitzen, für einen Tumult machen können! Das Chaos, der Geräuschpegel! Ich bin ja manches gewohnt, aber das war auf einem anderen Niveau, hallihallo! Wobei, ich muss sagen, sie haben wirklich sehr konzentriert und mit großer Ernsthaftigkeit ihre Schachrunden gespielt. Vor allem Matis, oh, der kann richtig fuchsig werden, wenn er das Gefühl hat, es läuft was schief, und sein Wille zu gewinnen ist unbändig. Glücklicherweise hat er sich letzten Endes mit einem Freund den ersten Platz unseres Mini-Turniers geteilt, sonst hätte es Zoff im Hause Ogola gegeben. 


Scharfe Geschütze, nicht nur auf dem Spielbrett... 


Was hat sich Noel gefreut, dass er auch mal spielen darf. Der Knirps lernt seit neustem auch Schach in der Schule.


Mama, keine Zeit zum Hallo sagen und Winken! Wir spielen hier ernsthaft! 

Ein cooler Tag, aber ich war schachmatt als endlich alle weg waren! Naja, drei Jungs sind geblieben, und nicht gerade die ruhigsten von allen... ;-)

 

Manicure: Kinder, die ruhige Spiele mögen

Helmet: Erst denken, dann labern