Mittwoch, 23. November 2016

Fischers Fritz

Weil’s so schön war, waren wir letzte Woche nochmals ein paar Tage auf der tansanischen Seite des Viktoriasees in „dem Hotel, in dem der Affe wohnt“ (s. September-Blogpost). Und wieder war’s einfach herrlich! Es ist enorm erholsam, wenn man beim Frühstück auf einen See gucken kann und das Geräusch der Wellen einen abends beim Einschlafen begleitet.

Der absolute Höhepunkt für Liam dieses Mal: Er war angeln mit Papa! Unsere ersten Versuche mit selbst geschnitzter Rute und falsch aufgespießtem Regenwurm (den ein Hotelangestellter für uns ausgebuddelt hat) waren etwas kläglich. Aber in Tansania, genau wie in Kenia, sind die Menschen ja überaus freundlich und hilfsbereit, und so hat ein junger Mann, der abends und morgens mit seiner Angel auf den Felsen rund ums Hotel steht, die Jungs unter seine Fittiche genommen. Wir haben gelernt: Die Angel braucht eine extra angebrachte lange, flexible Spitze, der Wurm wird der Länge nach aufgespießt und es hilft, wenn man nicht nur einen Haken, sondern auch einen Schwimmer an der Angelleine befestigt. Liam hat erstaunliche Ausdauer bewiesen und Joshua hat immerhin drei Fischlein aus dem See gezogen. Kleine Fische, aber doch Fische. Die haben wir dann allerdings unserem Anglerfreund geschenkt, und nicht selbst gegessen.

Eklig: Man muss die Würmer anfassen, wenn man sie aufspießen will. Und nur einmal mit einer Hand piksen bringt's nicht.  





Sieht so aus, als könnte das unser Lieblingsurlaubsort werden. Ist auch so gut machbar von hier aus: Drei Stunden an die Grenze, rüber, und nochmals anderthalb Stunden fahren. Und – für eure Budgetplanung, falls ihr mal zu Besuch kommen wollt: Ein Zimmer mit Frühstück kostet keine 25 Euro pro Nacht. Ist doch super, oder? Wir sehen uns!

 

Manicure: Stolz sein auf den selbstgeangelten Fisch
Helmet: Essen gehen

Nur zur Dokumentation: Matis und ich waren auch dabei!

Montag, 24. Oktober 2016

Matis ist 1!

Das gibt es doch gar nicht. Ein Jahr alt ist unser Baby schon! Wobei ich eigentlich nicht erstaunt sein sollte, wenn ich ihn so sehe: Er klettert wie ein Äfflein, bubelt und kämpft mit seinem großen Bruder, kann zwar noch nicht laufen aber kickt trotzdem mit Begeisterung Fußball, hat sechs Zähne, ein pausbackiges Lächeln, mag sich nicht mehr füttern lassen und greift sich schon längst alles, was er will – schneller als man gucken (oder ihn davon abhalten) kann. Wenn Liam zur Tür rein kommt, geht ein großes Strahlen über sein Gesicht. Und wenn Liam ihm mal wieder ein Spielzeug weg nimmt, hat er es schon ganz gut raus, beleidigt zu brüllen bis ihm das begehrte Objekt wieder zurückgegeben wird oder so lange zu warten, bis Liam es wieder fallen lässt, dann blitzschnell los zu krabbeln und sich das Teil zu schnappen.

Ich bin ein Star, holt mich hier raus!


Seit knapp zwei Monaten darf Matis einmal die Woche mit Liam in den Kindergarten. Dort gibt es eine Gruppe für die ganz Kleinen. Ihm macht es Spaß, und mir gibt es die Freiheit in Ruhe einkaufen zu gehen oder zu arbeiten oder was so ansteht (da ist auch mal ein Kaffee mit einer Freundin drin).

Beim Probetag im Kindi mit Liam Anfang August.

Zu meinem großen Glück ist Matis aber auch noch ein richtiges Schmusebaby, mein Moppele, ein Knuddelbär, der gerne gehalten wird, mit seinen Ärmchen eine babyfeste
Umarmung gibt, seinen Kopf auf meine Schulter kuschelt. 

Gefeiert haben wir natürlich auch – die unzähligen gewechselten Windeln, schlaflosen Nächte (leider hat auch unser zweites Kind überhaupt keine Lust auf durchschlafen) und unflexiblen Tage müssen schließlich belohnt werden! Leider hat Matis den Großteil seiner Geburtstagsparty verschlafen, andererseits hat man ja in dem Alter das Privileg, das tun zu dürfen.

Her mit dem Kuchen!

Matis, du bist wunderbar und einzigartig gemacht! We love you.

Manicure: Mit Bubi freuen
Helmet: In schlaflosen Nächten trotzdem freuen


Noch ein paar Babyfotos, weil's so schön ist sich zu erinnern...




Montag, 10. Oktober 2016

Tausend Geschenke

Eine meiner Oasen hier in Kisumu ist die „International Ladies Bible Study“, zu der ich jeden Donnerstag Nachmittag gehe. Letztes Wochenende haben wir eine mini Herbstkonferenz veranstaltet. Unser Thema: „Tausend Geschenke. Eine Einladung, die Fülle des Lebens mit offenen Armen zu empfangen.“ Ann Voskamp hat dazu ein schönes Buch und jede Menge anderes Material verfasst (im Original: One thousand gifts. A dare to live fully right where you are).
Und das ist die Herausforderung: 1.000 Geschenke Gottes oder Gründe zur Dankbarkeit, Beispiele, wie Gott mich liebt aufschreiben. Ich bin gespannt, wie lange ich dafür brauche, und was diese Übung in mir bewirkt. Bisher macht es mir Freude, es bringt mich zum Nachdenken, es lässt mich aufmerken auf die schönen Kleinigkeiten des Lebens und die großen Selbstverständlichkeiten.
 
So schön hatten wir es übers Wochenende, bei Freunden im Garten.

Geschenk # 20: frisch lackierte Fingernägel, in denen sich die Sonne spiegelt
# 4: meine Jungs

Ein paar Gedanken, die ich aus dem Wochenende mitgenommen habe: Eucharisteo, das griechische Wort für dankbar sein oder Dank sagen, setzt sich aus drei Wortbestandteilen zusammen: Gnade, Danksagen und Freude. Echte Dankbarkeit hat Freude in sich und erkennt die Gnade an, die jedes Geschenk Gottes ist. Dazu gehören auch die traurigen, schwierigen, unschönen Zeiten. In denen ich meine Augen auf Gott richte, meine verletzten, verschlossenen Hände öffne, Dank sage und von Gott annehme, was er mir gibt. Weil Eucharisteo heißt, dass ich darauf vertrauen kann, dass Gott immer genug ist. Da ist immer genug Gott. Da ist immer genug Liebe Gottes. 


# 3: eine Tasse Kaffee am Morgen, wenn die Familie noch schläft. Der gute Duft, die noch kühle Luft, die Ruhe.
# 17: Marmelade kochen

Ann fordert uns heraus, zu vertrauen, Mut zu haben. Gott für wahr halten, an Gott glauben, Gott vertrauen. In allen Dingen dankbar sein. Darauf vertrauen, dass jeder Moment, der dir gegeben ist, gut ist. Weil es nicht unsere Hoffnungen sind, auf die es ankommt, sondern die Geschenke, der Segen Gottes, den wir schon erhalten haben und immer wieder bekommen. Erinnere dich, und sage Dank. Zähle all die Brücken auf, über die du schon gegangen bist. Und dann gehe ohne Furcht über die nächste Brücke, die aus starken Balken des Danks gebaut ist.

 Gnade. Dank. Freude.

# 18: Sandkastenfreunde, die immer noch Freunde sind
# 12: das wunderschöne, weiche, gelbe Abendlicht nach dem Regen

Und dann? Ein Geschenk ist und bleibt ein Geschenk – und ist dafür gedacht, weitergegeben zu werden. Nicht im Sinne von „das brauch ich nicht mehr, das hat mir noch nie gefallen oder davon habe ich sowieso mehrere“. Sondern wie Jesus es uns vormacht, der uns dazu auffordert, anderen zu dienen und sich selbst hinkniet, um uns zu dienen. Seinen Jüngern die Füße wäscht. Die verschlossenen Hände öffnen, empfangen, was Gott mir schenkt und dann selbst schenken. Denn: Ich bin beschenkt. Ich kann schenken. Das macht Freude! Und nur so ist Eucharisteo komplett.

„Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.“
Psalm 136

Manicure: Den Stift in die Hand nehmen und 1000 Geschenke aufschreiben
Helmet: Eucharisteo

Sonntag war Familientag bei der Ladies Konferenz. 

Montag, 12. September 2016

Das Hotel, in dem der Affe wohnt

Da es dieses Jahr irgendwie nicht mit einem Heimaturlaub zu klappen scheint (schaaaaaade), sind wir Ende August spontan zu einem Kurzurlaub nach Tansania aufgebrochen. Immer schön am Viktoriasee entlang, drei Stunden auf guter Straße, schon ist man an der Grenze. Dann nochmals anderthalb Stunden kurz ins Landesinnere und flugs wieder einen Bogen zurück an den Viktoriasee – und man ist im Paradies! Wir haben ein wunderbares Hotel entdeckt, unglaublich idyllisch auf einer Landzunge angelegt, so dass man überall nur See sieht. Erholungseffekt = enorm! Und für Liam das allerbeste Programm, das man nur bieten kann. Wasser, Sand, noch mehr Wasser = riesen Spaß! Matis planschte zwar auch fröhlich, war aber eindeutig mehr angetan davon, ein paar Tage lang Mama und Papa 24/7 um sich zu haben :-)












Zu Liams Begeisterung gab es dort auch Affen, und ein besonders frecher kam morgens zum Frühstück vorbei und hat sich am Frühstücksbuffet bedient. Damit hatte das Hotel seinen Namen weg, und seither will er nur dahin zurück – in das Hotel, in dem der Affe wohnt.

Ihre Zimmernummer, bitte?

Das Hotel, in dem der Affe wohnt.

Ein besonderer Glücksfall war eine Herde Zebras, Gnus und Antilopen, die wir am Straßenrand beobachten konnten: Ein kleiner Teil der „great migration“ / großen Wanderung, bei der alljährlich vor allem die Gnus von der Serengeti in Tansania nordwärts bis in die Masai Mara in Kenia (und wieder zurück) ziehen, auf der Suche nach Wasser und Weidefläche.

 



Wir sind die fünf Tage eigentlich auch nur von einem schönen Fleck am See an den nächsten gezogen, auf der Suche nach dem immer noch schöneren Sandstrand und Sonnenuntergang (wobei unser Wasser ein kühles Bier war).

Auf dem Rückweg hatten wir leider einen platten Reifen, aber was wäre hier eine Überlandfahrt ohne Zwischenfall? A propos fahren – die Tansanier haben sich ein paar ganz besondere Straßenschilder ausgedacht und postieren alle paar Kilometer Polizisten, die die Einhaltung derselben sicherstellen. Wir wurden locker ein Dutzend Mal angehalten, und haben zweimal einen Strafzettel kassiert. Einmal für den nicht vorhandenen Feuerlöscher, und einmal für 63 statt 50 kmh auf dem Weg in ein Kuhdorf.

Unnötiges Hupen vermeiden (wirklich, wir haben nachgefragt)

Nochmals - nicht hupen, Leute!

Nur mit Regenschirm über die Straße gehen?!

Es ist schon beschlossene Sache: Vor Ablauf meines Visums in drei Monaten (Josh und die Kinder dürfen als Kenianer in Ostafrika einfach so reisen) werden wir da nochmals rüberfahren!

Manicure: Sonnenuntergang am See
Helmet: Ein Sonnenhut um die Mittagszeit tut’s

 


Mittwoch, 20. Juli 2016

Rattenfreier Haushalt

Leute, wir haben es geschafft: In unserem Haus sind keine Mäuse und keine Ratten mehr! Seit Monaten haben wir keines dieser fiesen Nagetiere mehr gesichtet. Deswegen sage ich jetzt mal ganz mutig: Wir sind rattenfrei!

Viel länger hätten meine Nerven das auch nicht mehr mitgemacht. Meine Freakshow-Highlights:

  • Maus hüpft ausm Toaster, als ich den Toast einwerfen will 
  • Über den Rand der Bratpfanne baumelt so ein verdächtiger Schwanz, an dessen Ende doch tatsächlich eine kleine Ratte sitzt und die Pfanne ausleckt 
  • Baby liegt im Bett, ich stehe an der Tür und zwischen uns ist eine Ratte. Die einzige mir zur Verfügung stehende Waffe ist ein Kindershirt, das ich in der Hand halte. Rette sich, wer kann.
-        Was ich seither überhaupt nicht mehr verstehen kann: Warum um alles in der Welt in sämtlichen Kinderbüchern auf fast jeder Seite irgendwo eine Maus auftauchen muss. Ehrlich, es gibt doch genug goldige Tiere in Gottes schöner Schöpfung. Würde es nicht auch ein Lämmchen tun? Oder ein Eulenbaby? Ein Wombat? Ein Tyranosaurus Rex-Baby? Warum immer Mäuse?!?!

Wir haben alles probiert. Die Mischung macht’s. Und mein Tipp: Am Besten alles auf einmal. Diverse Gift- und Schnappfallen drinnen und draußen auf allen bekannten Laufwegen. Sämtliche Löcher in jedem Zimmer (hier gibt es in jeder Außenwand so seltsame Belüftungssteine) mit feiner Stahlwolle ausstopfen. Den Kamin mit einer festen Stahltüre verschließen. Schlüssel wegwerfen. Alle Lebensmittel entweder in der Gefriertruhe und im Kühlschrank oder in Blech- und Glascontainern aufbewahren. Merke: Glatte Wände und Plastik stellen kein Hindernis dar. Ein Meerschweinchen an zentraler Stelle in der Küche platzieren. Das muss man zwar füttern, aber sein Geschwätz hält die Nager fern.  

Die Papp-Klapp-Falle ist mit einer klebrigen Masse versehen, an der die Mäuse festpappen sollen. Klappt nicht. Rausgeschmissenes Geld. 

Mein absoluter Geheimtipp! Frisst jeden Tag Grünkohl für 10 Cent und ist es absolut wert!

Es tut mir total für die Nachbarn leid, zu denen unsere Ratten umgezogen sind. Zumindest ein klein bisschen. Nein, es ist mir ehrlich gesagt völlig schnurz. Ich bin einfach nur froh und dankbar, dass wir die Biester los sind.

Manicure: Ohne Herzklopfen in die Küche gehen
Helmet: Sicherheitshalber doch noch mal hier und da mit dem längsten Rührlöffel gegen einen Topf hauen, um zu checken, ob der weghuschende Schatten nicht doch... ?! 

Mittwoch, 8. Juni 2016

Gut angekommen. Glücklich.

Facebook hat mich freundlicherweise am Morgen daran erinnert, dass ich heute vor fünf Jahren in Kenia angekommen bin. In dem Sinne ist facebook ja ein nettes Tagebuch. „08. Juni 2011: Gut angekommen. Glücklich.“

Fünf Jahre!!! Ich habe mal nachgelesen, wie das so war, vor fünf Jahren (http://manicureandhelmet.blogspot.co.ke/2011/06/berlin-ruit-nairobi.html). Und flugs ein Vergleichsfoto aus der gleichen Perspektive gemacht von unserem Haus in Mamboleo, in dem wir nach Zwischenstationen in Nairobi, in Boya (unser Lehmhaus auf dem Dorf) und in Kisumu wieder wohnen. Wichtigster Unterschied: Da wohnen jetzt zwei Cappuccino-Kinder mit uns!


Würde ich das wieder machen, mit zwei Reisetaschen in ein neues Leben aufbrechen? Ja. Ich bin um so vieles reicher, trotz allem, was ich zurück gelassen oder hier verloren habe. Kenia ist meine Heimat geworden, ich fühle mich daheim in Kisumu. Ich habe mich an das Leben hier gewöhnt, auch wenn ich mich immer noch über manches wundere. Teilweise auch immer noch über das Gleiche wie vor fünf Jahren. Zum Beispiel die vielen Menschen auf der Straße, zu jeder Zeit. Die Langsamkeit und die Umständlichkeit vieler Menschen. Die Unehrlichkeit. Aber dann auch wieder die Fröhlichkeit, die Hilfsbereitschaft, wie kinderlieb alle sind. 

Aber ich habe auch gelernt, mir meine kleinen Oasen zu schaffen, um die fremden Dinge, oder was mir schwer fällt hier, besser wegstecken zu können. Ich trinke nur noch den guten (leider auch teuren) kenianischen Kaffee und tausche mich mit meinen internationalen Freundinnen über dies und das aus. Ich weigere mich, zähes Fleisch zu essen und schon wieder Fanta zu trinken. Und ich schäme mich, dass ich immer noch kein ordentliches Kisuaheli spreche und freue mich darüber, mich auf dem Markt und bei Familientreffen mit meinen paar Brocken Kisuaheli und Luo wenigstens etwas sicherer zu fühlen. Aber das muss schon noch besser werden. 

So heimlich träume ich davon, irgendwann mal ein paar Jahre in Deutschland zu wohnen. Keine Ahnung, wann und wie das möglich sein wird. Und wenn ich so in meinem Alltag unterwegs bin, habe ich auch gar nicht das Bedürfnis, von hier weg zu gehen. Aber es wäre schön, nicht zuletzt für die Kinder, damit sie auch diesen Teil ihrer Herkunft besser kennen lernen und verstehen. Jetzt habe ich das hier aufgeschrieben - und bin gespannt, wo ich bin, wenn ich diesen Blogbeitrag in fünf Jahren wieder lese. Wie schon vor fünf Jahren gehe ich mit einer Gewissheit: "Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bereitet habe." (2. Mose 23,20)

Meine drei wichtigsten und liebsten Gründe, warum ich mein Leben in Kenia nicht missen wollte.

Manicure: Auch heute noch ein leckeres Essen mit Tilapia
Helmet: Leider auch immer noch die Typen, die Weiße mit „Mzungu, how are you?“ von der Seite ansprechen. Als ob sie noch nie Weiße in der Stadt gesehen hätten.

Montag, 6. Juni 2016

Montagsdemonstrationen in Kisumu

Die letzten Montage waren gar nicht schön in Kisumu. Nächstes Jahr im August sind Wahlen in Kenia und die Opposition behauptet, dass das Wahlkomitee voreingenommen ist (sprich: in der Vergangenheit Wahlbetrug unterstützt hat und dies wieder tun wird). Die wöchentlichen politischen Demonstrationen kommen mit brennenden Reifen und Steinen auf der einen Seite und Polizei mit Tränengas und scharfer Munition auf der anderen Seite daher. Um jegliche Sorge gleich zu zerstreuen: Wir sind in Sicherheit, wir wohnen außerhalb der Stadt, und da die Demonstrationen angekündigt sind, bleiben wir an diesen Tagen einfach Zuhause. Nur einmal, vor drei Wochen, am ersten Montag, als die Proteste unerwartet kamen, konnte ich Liam wegen Tränengasalarm erst verspätet vom Kindergarten abholen. Dass die Protestmärsche frühmorgens auf unserer Fahrstrecke begonnen haben, habe ich erst hinterher erfahren. Wir sind mal wieder viel zu spät Richtung Kindergarten losgekommen – an diesem Morgen: Gott sei Dank.

Ganz kurz zum Hintergrund: Kisumu ist die Heimat der Oppositionsführer, insofern ist die Stadt immer ein Brennpunkt bei parteipolitischen Themen. Die Wahlen in Kenia werden von einem Wahlkomitee, dem „Independant Electoral and Boundaries Comittee“ (Unabhängiges Wahl- und Grenzkomitee) durchgeführt. Die Opposition fordert faire Wahlen und konkret die Absetzung des Wahlkomitees. Die Regierung lehnt dies ab. Die Stimmung ist in der Bevölkerung immer schnell gereizt, und leider gibt es viele Trittbrettfahrer, die ihrer allgemeinen Frustration, Langeweile und angestauter Aggression bei so einer Gelegenheit Luft machen. 

Heute sind die Demonstranten von vier verschiedenen Orten aus in das Stadtzentrum marschiert, wo überall schon Polizei bereitstand. Die Polizei setzte Tränengas und Schusswaffen ein, um die Proteste zu zerstreuen. Zwei Menschen wurden getötet, mehrere verletzt. Aus gegebenem Anlass hatten die meisten Geschäfte geschlossen; leider kommt es bei so einer chaotischen Gelegenheit oft zu Plünderungen.





(Die Fotos sind von meiner Freundin Emily, die heute mit der Kamera losgezogen ist - aber ganz auf Nummer Sicher, wie sie mir versprochen hat - und auf ihrem Blog auch berichtet: https://thepainteddonkey.xyz)

Wir hoffen und beten, dass das nicht bis August 2017 so weitergeht. Für den Moment sorgen wir nur dafür, dass wir Montags nicht in die Stadt müssen und halten uns alle Möglichkeiten offen, während der Wahlen nicht im Land zu sein. Außerdem sind wir in der Stadt gut untereinander vernetzt und halten einander auf verschiedenen Kanälen auf dem Laufenden, was gerade wo passiert. 

Manicure: Den Tag zwangsweise zuhause genießen
Helmet: Vorräte anlegen

Freitag, 3. Juni 2016

Ich bin fünf! Wo ist mein Kuchen?

Letzte Woche hatte Liam Geburtstag! Er ist natürlich nicht fünf geworden, auch wenn er das steif und fest immer wieder behauptet hat. Drei Jahre alt ist der kleine Räuber geworden. Und hat das Konzept von Geburtstag schon voll durchschaut. Seine erste Frage, als wir ihm nach dem Aufwachen gratuliert haben, war: „Wo ist mein Kuchen?“ Die Frage hat er unermüdlich wiederholt, bis er den Kuchen vor sich hatte. Zum Frühstück. Warten bis nachmittags wäre unerträglich gewesen!

Nachmittags gab es dann Milchshake statt Kuchen.

Liams Geburtstag fiel zufällig in unseren Urlaub in Uganda. Wir haben dort eine schöne Woche mit Freunden aus Stuttgart verbracht, deren Sohn eine Uganderin geheiratet hat. Siehe nächster Blogbeitrag!

Die Geburtstagsrunde in Uganda...
...und im Kindergarten.

Ich bin immer wieder baff, wie viel Persönlichkeit in so einem dreijährigen Knirps schon steckt. Liam liebt Scherze, über die ich mich meistens scheckig lachen kann (auch wenn es zuweilen typische Jungsscherze sind, wie ein lauter Pups, ein schiefer grinsender Blick in meine Richtung, ob ich es auch gehört habe, und dann absichtlich noch zwei-drei hinterher). Er hat eine Energie, die mich wortwörtlich immer wieder umhaut. Seinen Bruder und mich verteidigt er bis aufs Letzte („Matis ist MEIN Bruder!!! Neeeeiin, das ist MEINE Mama!“) – was ihn natürlich in anderen Situationen nicht davon abhält, Matis eine zu hauen oder ihm Spielzeug wegzunehmen. Aber die beiden spielen und bubeln schon nett zusammen, soweit das in dem Alter geht. Liam liebt nach wie vor Bücher, singt den halben Tag vor sich hin oder haut auf seine Trommel, geht absolut gerne in den Kindergarten und hat dort kürzlich gelernt, alleine im Stehen zu pinkeln (über den Rest des langwierigen, mühsamen Töpfchentrainings schweige ich mich aus). Außerdem legt er großen Wert darauf, alles „alleine“ zu machen. Selber. Genau so wie er sich das überlegt hat. Und seine Trotzphase scheint noch lange nicht zu Ende zu sein :-) Er redet wie ein Buch und antwortet gerne auch immer mal mit dem genauen Gegenteil von dem, was ich ihm gerade gesagt habe („Liam, jetzt ist Schlafenszeit.“ – „Mama, jetzt ist nicht Schlafenszeit.“). Liam ist ein bisschen klein für sein Alter und ich weigere mich nach wie vor, seine Locken zu schneiden. Sind doch zu cool, oder?

Es macht Spaß, Mama (m)eines Sohnes zu sein. Ich danke Gott für dieses Privileg und freue mich auf die Abenteuer, die dieses Jahr auf uns warten. Behüt uns Gott! 

Manicure: Mit meinem kleinen Lausbub kuscheln
Helmet: Die Trotzphase geht vorbei. Irgendwann. Doch, bestimmt. 

 

 




Freitag, 15. April 2016

Herzlichen Glückwunsch zum halben Geburtstag!

Matis. Da ist der Bub schon sechs Monate alt. Wie schnell man sich aneinander gewöhnt. An das Familienleben zu viert. Schön ist das. Schön und schön stressig. Weil irgendwie immer beide Kinder gleichzeitig  ganz viel Liebe wollen (alias eine frische Windel oder aufs Töpfchen gehen, was trinken oder essen, gehalten werden oder ein Buch vorgelesen bekommen, rausgehen oder drin bleiben). Und man (ich halt) sich irgendwie vertan hat in der irrigen Annahme, dass es mit Baby 2 in den ersten Wochen genauso kuschelig ruhig und gemütlich wird wie mit Baby 1. Weil Baby 1 ja inzwischen ein Kleinkind auf zwei sehr aktiven Beinen und mit durchaus eigenen Ideen und dem Willen, diese durchzusetzen, ist. Aber ich bin dankbar: Liam hat seinen kleinen Bruder gern. „Matis ist mein Freund,“ hat er mir neulich erklärt. Da schmilzt das Mutterherz. Das hält Liam aber natürlich nicht davon ab, ihn hier und da zu knuffen. Gut, dass Matis so robust ist. 

Anfangs durfte Teddy mit Matis schlafen...
...jetzt teilen sich Liam und Matis das Elternbett.











So klein war Matis mal?!


Matis hat sich über die sechs Monate mächtig verändert. Klaro. Aus meinem kleinen Neugeborenen mit knappen 3 Kilo ist ein Moppel mit 9 Kilo geworden. Das ist insofern praktisch, als ich nur eine Windelgröße für beide kaufen muss und kurze Hosen direkt von Liam an Matis weitervererben kann. Wobei die Matis dann manchmal schon um die Hüften klemmen. 


Und auf einmal kann Baby Matis so viel: Greifen, lachen, sich drehen, prusten und brabbeln. Die ersten Löffelchen Möhrenmus essen (und wieder ausspucken. Hat nicht geschmeckt).

Was sich gar nicht verändert hat, ist Matis sonniges Gemüt. Er lässt sich von allen lieben Menschen halten und schenkt freizügig sein zahnloses Lächeln her. Und es ist einfach herrlich, so ein Speckbaby zu knuddeln!


Manicure: Mein Baby genießen, solange es noch ein Baby ist
Helmet: Es wird immer mein Baby sein!